Die fpanifche Malerei im 16. Jahrhundert.
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o-eführte DarfteUung des Leichnams Chifti in den Armen des ewigen Vaters im Seine
o ö ... Kirchen-
Madrider Mufeum ihn in feiner ganzen Eigenthümlichkeit. Am heften aber lernt bilder
man diefelbe in Toledo kennen1). »Seine Halbfiguren der Apoftel im Salon de in Toledo,
la Sacristia der Kathedrale find nur andere Auflagen feiner Porträtköpfe. Sein
Hauptbild auf dem Altar desfelben Raumes, welches Chriftus im feuerrothen
Gewände auf dem Kalvarienberge zeigt, wie er kurz vor feiner Anheftung ans
Kreuz inmitten des Schwarmes dafteht, ift das reiffte, was der Grieche im
grofsen Stile gemalt hat.« »Weit fchlimmer fpricht fich fein Manierismus in
den langen, dünnen Gliedern, in den grauen Fleifchtönen und fchwarzen Schatten,
in den blauen und gelben Gewändern feines anderen Hauptbildes in Toledo aus.
Diefes befindet fich in der Kirche S. Tome und ftellt das Begräbnifs des Gonz.
Ruiz, Grafen von Orgaz, dar, welchem unten auf Erden viele Würdenträger bei-
wohnen, während oben im geöffneten Himmel der Heiland felbft inmitten der
himmlifchen Heerfcharen den Verklärten empfängt. Es ift auch diefes gewifs
kein intereffelofes Bild; aber es wirkt halbverrückt und ftöfst uns mehr ab, als
es uns anzieht.« »Ganz verrückt dagegen ift das ebenfalls gelb-grau-blaue im Escorial.
Bild der Escorialfammlung, welches den heiligen Mauritius mit feiner Chriften-
legion darftellt. Aber obgleich Theotocopuli manchmal dem Wahnfinn nahe zu
fein fcheint, ein hochbedeutendes Talent war er trotz alledem und prägte fich
feinen Zeitgenoffen als folches ein.«
Sein Lieblingsfchüler war Luis Tristan (1586—1640), den man am öfteften Seine
in den Kirchen Toledos antrifft, während der Retablo der Pfarrkirche des ab- Luis Triftan,
gelegenen Städtchens Yepes fein berühmtes Hauptwerk ift und das Madrider
Mufeum ein gutes männliches Bildnifs feiner Hand befitzt. Er war einer der
reifften Meifter der Uebergangszeit zu der vollen Freiheit des 17. Jahrhunderts
und nicht ohne Einflufs auf die Entwicklung des grofsen Velazquez.
Ein anderer Schüler des Griechen, Fray Juan Bautista Mayno (1569 bis Mayno.
1649) ift im Madrider Mufeum mit einer Anbetung der Könige und mit der
Allegorie der Unterjochung Flanderns ausreichend vertreten, guten Bildern in
ihrer Art, die entfernte Anklänge an Paolo Veronefe zeigen, jedoch in den fpani-
fchen Ton überfetzt find.
Im Uebrigen traten in Madrid um die Zeit der Stilwende die Schüler der nie Schüler
obengenannten eingewanderten Italiener in den Vordergrund: die Schüler des wandelten'
Patricio Caxes, wie Pedro de Guzman, der 1601 Hofmaler Philipps III. wurde, Gunman!':
Bart. Gonzalez (1564 geb., 1617 Hofmaler) und Eugenio Caxes (1 577 in Madrid EugZclxes
geb., 1642 ebenda geft.), der vielfeitige, gefchickte und fruchtbare Meifter, den man
in den beiden Bildern, welche das Madrider Mufeum von ihm befitzt, von feiner
beften Seite kennen lernt: als religiöfen Maler von italienifcher Abrundung und
fpanifcher Inbrunft in der Darftellung des heiligen Ildefons, wie er von der Jungfrau
das Bifchofsgewand empfängt (früher im Trinidad-Mufeum), als weltlichen Hiftorien-
maler von fchon recht realiftifcher, faft ganz der Neuzeit angehörender Kraft,
in dem grofsen Gemälde der 1625 zurückgefchlagenen Landung der Engländer
in der Bucht von Cadiz; aber auch die Schüler des Bart. Carducho, wie F. Lopez f. Lopez.
1) Es fei dem Verfaffer geftattet, das Folgende, weil er es in Toledo felbft niedergefchrieben,
aus feinen »Kunft- und Naturfkizzen« (Düffeldorf 1880) IT. S. 152 und 154 zu wiederholen.
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o-eführte DarfteUung des Leichnams Chifti in den Armen des ewigen Vaters im Seine
o ö ... Kirchen-
Madrider Mufeum ihn in feiner ganzen Eigenthümlichkeit. Am heften aber lernt bilder
man diefelbe in Toledo kennen1). »Seine Halbfiguren der Apoftel im Salon de in Toledo,
la Sacristia der Kathedrale find nur andere Auflagen feiner Porträtköpfe. Sein
Hauptbild auf dem Altar desfelben Raumes, welches Chriftus im feuerrothen
Gewände auf dem Kalvarienberge zeigt, wie er kurz vor feiner Anheftung ans
Kreuz inmitten des Schwarmes dafteht, ift das reiffte, was der Grieche im
grofsen Stile gemalt hat.« »Weit fchlimmer fpricht fich fein Manierismus in
den langen, dünnen Gliedern, in den grauen Fleifchtönen und fchwarzen Schatten,
in den blauen und gelben Gewändern feines anderen Hauptbildes in Toledo aus.
Diefes befindet fich in der Kirche S. Tome und ftellt das Begräbnifs des Gonz.
Ruiz, Grafen von Orgaz, dar, welchem unten auf Erden viele Würdenträger bei-
wohnen, während oben im geöffneten Himmel der Heiland felbft inmitten der
himmlifchen Heerfcharen den Verklärten empfängt. Es ift auch diefes gewifs
kein intereffelofes Bild; aber es wirkt halbverrückt und ftöfst uns mehr ab, als
es uns anzieht.« »Ganz verrückt dagegen ift das ebenfalls gelb-grau-blaue im Escorial.
Bild der Escorialfammlung, welches den heiligen Mauritius mit feiner Chriften-
legion darftellt. Aber obgleich Theotocopuli manchmal dem Wahnfinn nahe zu
fein fcheint, ein hochbedeutendes Talent war er trotz alledem und prägte fich
feinen Zeitgenoffen als folches ein.«
Sein Lieblingsfchüler war Luis Tristan (1586—1640), den man am öfteften Seine
in den Kirchen Toledos antrifft, während der Retablo der Pfarrkirche des ab- Luis Triftan,
gelegenen Städtchens Yepes fein berühmtes Hauptwerk ift und das Madrider
Mufeum ein gutes männliches Bildnifs feiner Hand befitzt. Er war einer der
reifften Meifter der Uebergangszeit zu der vollen Freiheit des 17. Jahrhunderts
und nicht ohne Einflufs auf die Entwicklung des grofsen Velazquez.
Ein anderer Schüler des Griechen, Fray Juan Bautista Mayno (1569 bis Mayno.
1649) ift im Madrider Mufeum mit einer Anbetung der Könige und mit der
Allegorie der Unterjochung Flanderns ausreichend vertreten, guten Bildern in
ihrer Art, die entfernte Anklänge an Paolo Veronefe zeigen, jedoch in den fpani-
fchen Ton überfetzt find.
Im Uebrigen traten in Madrid um die Zeit der Stilwende die Schüler der nie Schüler
obengenannten eingewanderten Italiener in den Vordergrund: die Schüler des wandelten'
Patricio Caxes, wie Pedro de Guzman, der 1601 Hofmaler Philipps III. wurde, Gunman!':
Bart. Gonzalez (1564 geb., 1617 Hofmaler) und Eugenio Caxes (1 577 in Madrid EugZclxes
geb., 1642 ebenda geft.), der vielfeitige, gefchickte und fruchtbare Meifter, den man
in den beiden Bildern, welche das Madrider Mufeum von ihm befitzt, von feiner
beften Seite kennen lernt: als religiöfen Maler von italienifcher Abrundung und
fpanifcher Inbrunft in der Darftellung des heiligen Ildefons, wie er von der Jungfrau
das Bifchofsgewand empfängt (früher im Trinidad-Mufeum), als weltlichen Hiftorien-
maler von fchon recht realiftifcher, faft ganz der Neuzeit angehörender Kraft,
in dem grofsen Gemälde der 1625 zurückgefchlagenen Landung der Engländer
in der Bucht von Cadiz; aber auch die Schüler des Bart. Carducho, wie F. Lopez f. Lopez.
1) Es fei dem Verfaffer geftattet, das Folgende, weil er es in Toledo felbft niedergefchrieben,
aus feinen »Kunft- und Naturfkizzen« (Düffeldorf 1880) IT. S. 152 und 154 zu wiederholen.