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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0069
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DRITTER ABSCHNITT.

Die niederländische Malerei in der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts 9.

Allgemeine
Zuftände in
den Nieder-
landen.

ie Niederlande waren in der zweiten Hälfte des fechzehnten Jahrhunderts
J der Schauplatz des gewaltigften geiftigen Ringens und des fchonungs-
lofeften Blutvergiefsens. Die Vaterlandsliebe kämpfte gegen die Fremd-
herrfchaft, das proteftantifche Bewufstfein gegen die Allmacht der alten Kirche,
die bürgerliche Freiheit gegen den modernen Abfolutismus. Die Folge diefer
Kämpfe war eine Scheidung des Gefammtgebietes der Niederlande in eine
nördliche, holländifche und eine füdliche, vlämifche Hälfte; nur die erftere ging
auf der ganzen Linie als Siegerin aus dem Kampfe hervor, die letztere verblieb
den alten Mächten, der katholifchen Kirche und der habsburgifchen Oberhohheit.
Natürlich nahm auch das Cultur- und Kunftleben der beiden Bruderftämme an
diefer Spaltung theil: im fiebzehntenJahrhundert bilden holländifche und vlämifche
Kunft in manchen Beziehungen Gegenfätze; aber diefe Gegenfätzlichkeit Feilte
fich erft nach dem Abfchlufs der Kämpfe heraus; bis zum Ende des fechzehnten
Jahrhunderts fand nach wie vor der lebhaftefte Austaufch zwifchen der Kunft
der nördlichen und der füdlichen Provinzen ftatt; vlämifche Künftler zogen nach
Holland, holländifche in noch gröfserer Anzahl nach Flandern, deffen Hauptftadt
Antwerpen fich alles in allem genommen, wie den Reichthum und die Handels-
fi lüthe, fo auch die künftlerifche Vorherrfchaft bewahrte. Freilich entfremdete
die Unficherheit der Zuftände auch eine Reihe niederländifcher Künftler ihrer
Heimat; manche liefsen fich dauernd in Deutfchland, England, Italien oder Frank-
reich nieder; die meiften aber kehrten von ihren Studienreifen, deren Hauptziel
felbftverftändlich Italien war, in die Niederlande zurück, welche trotz der
Kämpfe, die fie durchtobten, die meiften und berühmteften Künftler nördlich der
Alpen die ihren nannten.

1) Die Hauptquelle gerade für diefe Zeit ift Karel van Mander s Schilderboek (Erfte Auflage
Amfterdam 1604, zweite 1616—1618. Der Theil diefes Werkes, welcher die Lebensbefchreibungen
der niederländifchen und deutfchen Künftler enthält, erfchien für fich in zwei Bänden 1764 zu Amfter-
dam). — Ferner die oben, Band II. S. 8. Anm. 1 — S. 368. Anm. 1 — S. 508. Anm. 1 — und
S. 509, Anm. 1 und 2 genannte Literatur. Dazu jetzt noch: J. F. van Sanieren: Essai d’une Biblio-
graphie d’histoire speciale de la peinture et de la gravure en Hollande et en Belgique. Amfterdam
und Zutphen 1882. — H. Riegel: Beiträge zur niederländifchen Kunftgefchichte, 2. Bde., Berlin 1882.
— A. J. Wauters: La peinture flamande. Paris 1883.
 
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