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Fünftes Buch. Dritter Abfchnitt.
Werken feiner Hand. Aber auch über die Alpen haben fie den Weg gefunden.
Das Mufeum zu Neapel und die Galerie Panciatichi zu Florenz befitzen eine
Anzahl guter Marktbilder Beukelaar’s.
Peter An diefer Stelle fchliefsen fich am beften fofort die Angehörigen der
Brueghel. . . t> fa
Künftlerfamilie Brueghel1) an, foweit fie fchon in diefen Abfchnitt gehören.
Ihr Haupt war Peter Bnceghel d. ä., deffen Name derjenige feines Geburtsdorfes
Sein Leben, bei Breda ift. Wir wiffen, dafs Peter Brueghel jung nach Antwerpen kam,
wo er Schüler des feiner Zeit berühmten, weitgereiften und vielfeitigen Bau-
meifters, Malers und Kupferftechers Peter Coek (Coecke) von Aalst wurde,
fpäter aber auch zu Hieronymus Cock (oben S. 58) in Beziehung trat und 1551
Meifter der Lucasgilde wurde. Demnach wird er in den zwanziger Jahren
geboren fein. Im Jahre 1563 verheirathete er fich mit der Tochter Peter
Coek’s, welche feit deffen Tode mit ihrer Mutter in Brüffel wohnte, wo nun
auch unfer Meifter feinen Wohnfitz auffchlug und bis an fein frühes Ende
Sein Stil. (1569) behielt. Peter Brueghel d. ä. bewegte fich, unbekümmert um die Schul-
traditionen, in denen er erzogen worden, in nordifch volkstümlichen Gleifen.
Er ftudirte die phantaftifchen Höllen- und Spukbilder des Hier. Bofch (Bd. I,
S. 528—530); er ftudirte die Genrebilder von Meiftern, wie Corn. Maffys (oben
S. 60), ohne fich in der Auffaffung oder in der Formenfprache zur Schule
Quinten’s zu bekennen; vor allen Dingen aber ftudirte er die Natur und das
Sestud^nen’ Leben. Von der italienifchen Reife, die er 1553 unternahm, brachte er keine
Copien nach italienifchen Bildern; wohl aber landfchaftliche Studienblätter in
Seine Com-
pofitionen
für den
Kupferftich.
grofser Zahl und fogar einige felbftradirte Landfchaften mit heim; und daheim
Seine Volks-befuchte er die Kirmeffen und andere Bauernfefte, um das Volksleben an der
ftudien.
Quelle zu ftudiren. Alle diefe Studien fpiegeln fich in feinen Werken wieder.
Garungen Obgleich er keine diefer Gattungen zuerft erfunden, wurde er der Hauptmeifter
der phantaftifchen Spukallegorien mit ausgefprochen moralifirender, oft fprich-
wörtlicher Nutzanwendung, der Hauptmeifter der Darftellungen aus dem Bauern-
leben und einer der gröfsten Landfchaftsmaler des fechzehnten Jahrhunderts.
Jenes phantaftifche Element tritt uns am klarften in den zahlreichen, nach feinen
Zeichnungen gefertigten Stichen unterer Kupferftich-Cabinete entgegen (Vlämifche
Sprüchwörter, Tugenden und Lafter u. f. w.), oft häfslich in den Formen, derb
bis zur Unanftändigkeit in den Einzelheiten, aber ftets von gefunder Abficht,
bei manchmal nur allzubewufster Lehrhaftigkeit, getragen. Auch feine biblifchen
Scenen, wie »Chriftus und die Ehebrecherin«, »Chriftus auf dem Wege nach
Emmaus«, »die Auferftehung Chrifti«, »die thörichten und klugen Jungfrauen«
lernen wir in den gleichzeitigen Stichen am beften in der ganzen Neuheit und
Selbftändigkeit ihrer Auffaffung und in der ganzen Ungehörigkeit mancher ihrer
Sem® oei- Einzelheiten kennen. Am kräftigflen und freiften aber tritt er uns doch in
feinen Oelgemälden entgegen. Kernig-realiftifch in der Zeichnung der Figuren,
von liebevoller und frifcher Wahrheit in der Landfchaft, ift er zugleich
1) Max Roofes a. a. O., S. 113, beftätigt, dafs »Brueghel« die echte, alte Rechtfehreibung des
Namens ift, fügt aber hinzu, dafs die Ausfprache des »ue« damals identifch mit der fpäteren eu (be-
kanntlich gleich unferem ö) gewefen fei, und zieht deshalb felbft die moderne Schreibart Breughel vor.
Da die eigenen Namenszeichnungen der Meifter diefer Familie jedoch in ihrer grofsen Mehrzahl
Brueghel oder Bruegel fchreiben, fo glaubt der Verfaffer bei diefer Schreibweife bleiben zu follen.
Fünftes Buch. Dritter Abfchnitt.
Werken feiner Hand. Aber auch über die Alpen haben fie den Weg gefunden.
Das Mufeum zu Neapel und die Galerie Panciatichi zu Florenz befitzen eine
Anzahl guter Marktbilder Beukelaar’s.
Peter An diefer Stelle fchliefsen fich am beften fofort die Angehörigen der
Brueghel. . . t> fa
Künftlerfamilie Brueghel1) an, foweit fie fchon in diefen Abfchnitt gehören.
Ihr Haupt war Peter Bnceghel d. ä., deffen Name derjenige feines Geburtsdorfes
Sein Leben, bei Breda ift. Wir wiffen, dafs Peter Brueghel jung nach Antwerpen kam,
wo er Schüler des feiner Zeit berühmten, weitgereiften und vielfeitigen Bau-
meifters, Malers und Kupferftechers Peter Coek (Coecke) von Aalst wurde,
fpäter aber auch zu Hieronymus Cock (oben S. 58) in Beziehung trat und 1551
Meifter der Lucasgilde wurde. Demnach wird er in den zwanziger Jahren
geboren fein. Im Jahre 1563 verheirathete er fich mit der Tochter Peter
Coek’s, welche feit deffen Tode mit ihrer Mutter in Brüffel wohnte, wo nun
auch unfer Meifter feinen Wohnfitz auffchlug und bis an fein frühes Ende
Sein Stil. (1569) behielt. Peter Brueghel d. ä. bewegte fich, unbekümmert um die Schul-
traditionen, in denen er erzogen worden, in nordifch volkstümlichen Gleifen.
Er ftudirte die phantaftifchen Höllen- und Spukbilder des Hier. Bofch (Bd. I,
S. 528—530); er ftudirte die Genrebilder von Meiftern, wie Corn. Maffys (oben
S. 60), ohne fich in der Auffaffung oder in der Formenfprache zur Schule
Quinten’s zu bekennen; vor allen Dingen aber ftudirte er die Natur und das
Sestud^nen’ Leben. Von der italienifchen Reife, die er 1553 unternahm, brachte er keine
Copien nach italienifchen Bildern; wohl aber landfchaftliche Studienblätter in
Seine Com-
pofitionen
für den
Kupferftich.
grofser Zahl und fogar einige felbftradirte Landfchaften mit heim; und daheim
Seine Volks-befuchte er die Kirmeffen und andere Bauernfefte, um das Volksleben an der
ftudien.
Quelle zu ftudiren. Alle diefe Studien fpiegeln fich in feinen Werken wieder.
Garungen Obgleich er keine diefer Gattungen zuerft erfunden, wurde er der Hauptmeifter
der phantaftifchen Spukallegorien mit ausgefprochen moralifirender, oft fprich-
wörtlicher Nutzanwendung, der Hauptmeifter der Darftellungen aus dem Bauern-
leben und einer der gröfsten Landfchaftsmaler des fechzehnten Jahrhunderts.
Jenes phantaftifche Element tritt uns am klarften in den zahlreichen, nach feinen
Zeichnungen gefertigten Stichen unterer Kupferftich-Cabinete entgegen (Vlämifche
Sprüchwörter, Tugenden und Lafter u. f. w.), oft häfslich in den Formen, derb
bis zur Unanftändigkeit in den Einzelheiten, aber ftets von gefunder Abficht,
bei manchmal nur allzubewufster Lehrhaftigkeit, getragen. Auch feine biblifchen
Scenen, wie »Chriftus und die Ehebrecherin«, »Chriftus auf dem Wege nach
Emmaus«, »die Auferftehung Chrifti«, »die thörichten und klugen Jungfrauen«
lernen wir in den gleichzeitigen Stichen am beften in der ganzen Neuheit und
Selbftändigkeit ihrer Auffaffung und in der ganzen Ungehörigkeit mancher ihrer
Sem® oei- Einzelheiten kennen. Am kräftigflen und freiften aber tritt er uns doch in
feinen Oelgemälden entgegen. Kernig-realiftifch in der Zeichnung der Figuren,
von liebevoller und frifcher Wahrheit in der Landfchaft, ift er zugleich
1) Max Roofes a. a. O., S. 113, beftätigt, dafs »Brueghel« die echte, alte Rechtfehreibung des
Namens ift, fügt aber hinzu, dafs die Ausfprache des »ue« damals identifch mit der fpäteren eu (be-
kanntlich gleich unferem ö) gewefen fei, und zieht deshalb felbft die moderne Schreibart Breughel vor.
Da die eigenen Namenszeichnungen der Meifter diefer Familie jedoch in ihrer grofsen Mehrzahl
Brueghel oder Bruegel fchreiben, fo glaubt der Verfaffer bei diefer Schreibweife bleiben zu follen.