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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0107
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Die Malerei der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den übrigen Ländern.
An kunftfinnigen Fürften fehlte es damals in Deutfchland weniger, als an Kunftieben
tüchtigen Malern. In Dresden wurde fchon 1560 unter dem Kurfüften Auguft vonDresden,
eine »Kunftkammer« eingerichtet, in welcher die Anfänge der Dresdner Galerie
zu fuchen find; in München beftimmte Herzog Wilhelm V., der 1598 die v. München,
Regierung feinem Sohne Maximilian I. überliefs, bereits 400 Gulden jährlich zum
Ankauf von Gemälden und fein Hof wurde zu einem der künftlerifchen Mittel-
punkte Deutfchlands; in Wien war unter Kaifer Maximilian II. 1558 eine »Kunft- von Wien,
kammer« errichtet worden, die erft unter Matthias feit 1610 als »Kunfthaus«
wieder erwähnt wird ’); in der Zwifchenzeit aber war Prag durch den warmen Von Prag,
Kunftfmn Kaifer Rudolfs II. die Heimat tüchtiger Künftler und die eigentliche
Sammelftätte guter Gemälde geworden1 2). Doch war man in München, wie Fremde
in Prag bereits genöthigt, einige ausländifche Künftler zu berufen, die wir
als folche bereits kennen gelernt haben; in München gab unter anderen der in München,
Brügger Meifter P. de Witte, Candido genannt, (oben S. 84) den Ton an,
in Prag der Antwerpner B. Spranger (oben S. 78); und felbft Nürnbergs befter ;n prag,
Maler jener Zeit, Nie. Neuchatel, kucidel genannt (oben S. 88), war ein Nieder- ;n Nürnberg,
länder. Indeffen ragen doch auch aus der Zahl einheimifcher Meifter einige
wenige fo hervor, dafs fie nicht mit Stillfchw eigen übergangen werden dürfen;
und in Süddeutfchland entfalteten fich zwei Zweige der Flächendarftellungen
immer noch fo üppig, dafs wir uns ihrer wenigftens im allgemeinen erinnern
müffen. Zunächft nahm die Sitte, die Aufsenwände der Häufer mit Die Fatih-
, . TTiriTiii • denmalerei
bunten Bildern zu bemalen, m der zweiten Hälfte des Jahrhunderts m in ober-
manchen oberdeutfehen und fchweizerifchen Städten eine noch gröfsere Aus-
dehnung an, als früher3 4). Hans Bocksperger z. B., der in Salzburg geborene, Hans Bocks-
° . . perger.
nach Sandrart^} um 1560 blühende Meifter, welcher übrigens auch Zeichnungen
für Feierabends Holzfchnitt-Officin in Frankfurt a. M. lieferte, reifte von
Stadt zu Stadt und überzog viele Häufer in Salzburg, München, Landshut,
Paffau, Ingolftadt und Regensburg von innen und aufsen mit feinen grofsen,
flüchtigen Fresken, welche vorzugsweife Jagden und Schlachten darfteilten. In
diefer Gattung waren neben ihm auch einige der bedeutenderen Künftler thätig,
die wir kennen lernen werden, aber auch viele handwerksmäfsige Meifter, die
der Vergeffenheit nicht entriffen zu werden verdienen. Gegenwärtig ift von
allen diefen Faffadenmalereien nur äufserft wenig mehr erhalten; um fo noth-
wendiger ift es, fie uns im Geifte wiederherzuftellen; denn ein richtiges Bild
von dem deutfehen Kunftieben jener Tage können wir nicht gewinnen, ohne
uns die Strafsen und Plätze der genannten und vieler anderer oberdeutfehen
und fchweizerifchen Städte in einem feftlich-heiterem Farbenfehmucke zu denken,
der dem Auge fchmeichelte und die Freude an den bunten Schöpfungen des
Pinfels im Volke wach erhielt.

1) Schlager, Materialien zur öfterreichifchen Kunftgefchichte im Archiv f. öfter. Gefch. 1850,
Bd. II. 673 und 675.
2) L. Urlichs: Beiträge zur Gefchichte der Kunftbeftrebungen und Sammlungen Kaifer Rudolfs II.
in Lützows Zeitfchrift V. S. 47 ff, 81, 136 ff.
3) Ueber »Faffadenmalerei in der Schweiz« hat S. Vögelin im »Anzeiger für fchweiz. Alter-
thumskunde« 1880 ff. eine Reihe eingehender Auffätze veröffentlicht.
4) Joach. Sandrart, Teutfche Akademie (Nürnberg 1675) -ü- S. 260.
 
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