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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0110
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Fünftes Buch. Vierter Abfchnitt.

Rand es ihr erlaubt, diefe Eigenfchaften zu zeigen, berührt fie uns am ange-
nehmften.
du eigene- Unter den hervorragendften deutfehen Meiftern diefer Zeit, von denen
licnenMaler. ° 1
HansMülich. Staffeleigemälde bekannt find, fleht dem Alter nach Hans Millich (Mielich)
Seine Mi.nia-von München (1515 —1572) obenan. Er war zunächft noch »Illuminift«, Minia-
München, turenmaler im alten Sinne des Wortes, und tritt uns als folcher in den Codices
der Münchener Hofbibliothek entgegen, welche die Bufspfalmen Orlando di
Laffo’s und die Motette Cyprian de Rore’s enthalten. Doch zeigen die einge-
ftreuten Hiftorienbilder ihn hier fchon ganz von der Seite des italifirenden Durch-
fchnitts-Manierismus jener Tage und nur die eingefügten Bildniffe, befonders
diejenigen des Herzogs Albrecht V. von Baiern und der Herzogin Anna, laffen
Seine Oei- ein felbftfehendes Auge und eine gediegen ausführende Hand erkennen. Die-
bilder . 0
felben Eigenfchaften zeigen denn auch feine in Oel ausgeführten Porträts, z. B.
Bildniffe die auf Holz gemalten lebensgrofsen Bildniffe eines Patriziers und feiner Gattin
in München, in der Münchener Pinakothek. Der Mann trägt eine fchwarze Pelzfchaube, rothe
Wefte und fchwarze Mütze, die ebenfalls fchwarz gekleidete Frau ein weifses
Kopf- und Kinntuch. Den Hintergrund fchliefst auf beiden Bildern ein grüner
Vorhang ab, unter dem man auf demjenigen der Frau in eine gutgeftimmte
Hügellandfchaft hinausblickt. Die Modellirung ift klar und hell, der Gefammt-
eindruck eher noch hölzern, als fonderlich modern. Allerdings gehören fie,
da fie 1540 gemalt find, auch noch der erften Hälfte des Jahrhunderts an, wie
fleh ihnen denn auch in der Behandlung das männliche Bildnifs Mülichs von
in Wien, demfelben Jahre in der kaiferlichen Galerie zu Wien anfchliefst.
Tobias Auf ganz anderem Boden fleht Tobias Stimmer von Schaffhaufen (1539 bis
Stimmer. ö \ J o s
1582!). »Sehr productiv, namentlich ein trefflicher Zeichner, fleht er als ein
Epigone jener oberrheinifchen Kunftentwicklung da, welche in Holbein ihren
Seine Faffa- Höhepunkt erreicht hatte.«2) Er ging von der Faffadenmalerei aus, die er in
leiner Vaterftadt, in Strafsburg und in Frankfurt a. M. ausübte. Erhalten hat
Das Haus f]Ch feine Faffade des Hanfes zum Ritter in Schaffhaufen, glänzend als decora-
zum Ritter
in Schaff- tives Schauftück, aber auch tüchtig und lebendig in ihrem figürlichen Theil.
häufen. ° ...
Die Hauptfigur ift Marcus Curtius, wie er mit feinem Roffe in den Abgrund
fpringt, fo dargeftellt, als fpringe er aus dem Giebelfelde des Hanfes auf die
Sei"e;fl?ild‘ Strafse hinunter3). Von feiner Bedeutung als Porträtmaler geben die 1564 ge-
in Bafel, malten Bildniffe des Jacob Schwitzer und feiner Ehefrau Barbara im Bafeler
Mufeum die befte Vorftellung. Es find lebensgrofse ganze Geftalten, klar und
frifch aufgefafst, keck, breit und kräftig durchgeführt. Befonders das Bildnifs
des Mannes, deffen hochrothe Kleidung fich leuchtend vom tiefblauen Grunde
Seine Holz-abhebt, ift von bedeutendem malerifchen Reize. Ein Nachfolger Holbeins war
er aber auch als Zeichner für den Holzfchnitt; als folcher arbeitete er für
Sigmund Feierabend in Frankfurt a. M., hauptfächlich aber für feinen Gevatter

1) Das in der Regel angeführte Geburtsjahr 1534 iß durch die Nachforfchungen J. J. Amanns
in den Archiven von Schaff häufen, welche Andre/en in feinem «Deutfehen Peintre-Graveur« (Leipzig
1864—1878) III. S. 7 ff. veröffentlicht hat, berichtigt worden. Vgl. auch Nagler s Monogrammiften,
fortgefetzt von Andrefen und Claufs, V. S. 64—68.
2) A. Woltmann, Kunft im Elfafs (Leipzig 1876) S. 316.
3) Näheres bei S. Vögelin »Faffadenmalerei in der Schweiz« a. a. O. 1882 No. 3 und 4.
 
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