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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0224
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Sechstes Buch. Erfter Abfchnitt.

bild« ift die Darftellung des hl. Andreas, der auf dem Gange zum Richtplatz
niederkniet, um fein Kreuz anzubeten. Diefes Bild mit kaum halblebensgrofsen
in Florenz, Figuren befindet fich im Pal. Pitti zu Florenz. Es trägt des Meifters Namens-
infchrift und die Jahreszahl 1646, ift lebendig gedacht, originell componirt,
aber unfympathifch in der bunten Färbung und manierirt in der Bewegung.
Als ruhige Darftellung mit mehreren lebensgrofsen Figuren ift die Vifion des
hl. Ludwig in den Uffizien zu Florenz zu nennen. Ihr fchliefst das Gemälde
hanXS' beim Earl Cowper in Panshanger fich an, welches darftellt, wie Chriftus fein
Kreuz auf fich nimmt. Auch Bilder, wie die hl. Katharina mit dem Engel in
in St. Peters- der Eremitage zu St. Petersburg könnten in diefer Reihe genannt werden.
Aus mehreren kleineren Figuren beftehen feine Darftellung des Zacharias und
in Florenz, der Elifabeth mit dem fchlafenden Johannesknaben im Pal. Pitti, ein Chriftus
am Oelberge in derfelben Sammlung, Chriftus mit feinen Lieben in den
in Pans- Uffizien, eine Geburt Chrifti beim Earl Cowper in Panshanger, eine Anbetung
banger, . . 1 . . 0 0
in Blenheim, der Könige in Blenheim, Chriftus und die Samariterin in Blaize Caftle. Auch
in Blaize-
Caftie. feinen Madonnen ift manchmal das Kind hinzugeftigt, wie auf den Dar-
Madonnen Heilungen im Pal. Pitti, in der kaif. Galerie zu Wien, in der National-Gallery
in London, ZU London und in der Pinakothek zu München. Weitaus am häufigften aber
in MünYhem hat er einzelne heilige Gehalten in andächtiger Haltung dargeftellt, in der
Segeftfitenel" Regel fogar nur als Halbfiguren, mit fchwärmerifchem, oft fentimentalen Aus-
druck, in äufserft forgfältiger, oft glatter Ausführung, mit weicher, oft aber
auch zugleich kalter und füfslicher coloriftifcher Empfindung. Wenn man
Carlo Dolci allein nach den fchwächften, oft auch nur von Schülerhand aus-
geführten derartigen Darftellungen des Erlöfers, der Mater Dolorofa, des
Evangeliften Johannes, der hl. Magdalena, der hl. Cacilia und vieler anderer
Heiligen beurtheilt, fo hat man ein Recht, wie es oft gefchieht, ihn unleidlich
affectirt, füfslich' und kalt zu fchelten, Beurtheilt man ihn aber nach den beften
in Dresden, Darftellungen der Art, fagen wir z. B. nach der hl. Cäcilie der Dresdner Galerie
(Fig. 475), welche ganz in religiöfe und mufikalifche Andacht verfunken dafitzt,
von geiftvollfter, feinfter Farbenharmonie umfloffen, von zarteftem träumerifchen
Helldunkel umhaucht, ganz Seele, ganz Mufik und zugleich ein wirklich fchönes,
aufs gediegenfte durchgearbeitetes Frauenbild, fo wird man ihn doch für einen
in feiner Art ausgezeichneten Künftler erklären müffen. Am reichften an
in Florenz, Bildern diefer Art find die beiden grofsen florentinifchen Galerien. Hier
finden wir die fchönften Exemplare des Ecce Homo, des Evangeliften Johannes,
der Magdalena, hier feltener von ihm dargeftellte weibliche Heilige, wie die
hl. Margaretha, die hl. Lucia, die hl. Rofa, hier männliche Typen, wie Mofes,
S. Carlo Borrommeo und Diogenes, in denen die Grenze feines Könnens fich
freilich bemerkbar macht, hier aber auch die beften Bildniffe feiner Hand,
welche zeigen, dafs er der fcharfen Auffaffung individuell umgrenzter Perfön-
lichkeiten fehr wohl gewachfen war. In den grofsen Sammlungen von Madrid
in st.Peters-und Paris fehlt der Meifter auffallender Weife ganz; in der Petersburger Ere-
bürg, , . ° .
mitage finden fich, aufser dem genannten Bilde, einige gute Wiederholungen
in Wien, bekannter Halbfigurenmotive, in der kaif. Galerie zu Wien, neben dem ge-
nannten Bilde und zwei Exemplaren der oft wiederholten Schmerzensmutter im
m München, blauen Mantel, die intereffante Allegorie der Aufrichtigkeit, in der Münchener
 
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