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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0296
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284

Sechstes Buch. Zweiter Abfchnitt.

verfchloffen

des hl. Antonius von Frevlerhand aus dem Bilde heraus-

Bewegungsmotiven .und die dunkelfchattige Schwere
doch noch jene gewiffe jugendliche Sprödigkeit und
welche Murillos Werke erft feit den fünfziger Jahren

Der hl. An-
tonius der
Kathedrale
von Sevilla.

p. 51.
I42.

Die Bilder
aus S. Maria
ia Bianca Gemälde der Kirche S. Maria la
zu Sevilla,
felben waren vier grofse, oben
denen eine, »die triumphirende
auftauchte, jetzt aber

1) Bermudez a. a. O
2) Curtis a. a. O. p.
3) Im Jahre 1874 wurde die Geftalt
gefchnitten und in New-York in den Flandel gebracht. Glücklicherweife konnte die fpanifche Regie-
rung felbft das Stück des Bildes zurückkaufen. Es ift 1875 gefchickt wieder eingefetzt worden.
4) Curtis a. a. O. p. 207.

mittleren Zeit des Meifters. Die mit lebensgrofsen Figuren dargeflellte Handlung
zeigt ganz die häuslich-naive Liebenswürdigkeit, wie fie für diefen Gegenftand
von jeher erftrebt wurde. Die Englein des Himmels mifchen fich gefchäftig
unter die Mägde, um das Bad der Neugeborenen bereiten zu helfen; andere
aber erfcheinen als Reigen in der Glorie über der Jungfrau; und wunderbar
ift es, dafs Murillo das vifionäre Himmelslicht und feine Bewohner dem frifchen
Realismus, der uns die Hauptfiguren diefes Bildes irdifch-leb endig vor Augen zaubert,
durch die vereinheitlichende Macht der Farbe fo harmonifch einzuordnen verficht,
dafs uns der Vorgang glaubwürdig und wahrfcheinlich erfcheint. Hierauf beruht
ein grofser Theil des magifchen Reizes, den feine Vifionsbilder auf uns ausüben.
Eins der berühmteften derfelben entftand im folgenden Jahre, 1656, und
fchmückt feit jener Zeit das Baptiflerium der Kathedrale von Sevilla (Fig. 493). Es
ift das Bild der Vifion des knieenden hl. Antonius, dem in der Klofierzelle, von der
man in den fein grau gehaltenen Kreuzgang hinüberblickt, das Chriftkind, wie
auf Wolken fchreitend, in der Engelglorie erfcheint. Es ift das gröfste Bild,
welches Murillo gemalt hat, und zugleich eins feiner packendfien und glänzendften
Schöpfungen3).
Die nächften datirbaren Werke des Meifters find, die 1665 entftandenen
Bianca zu Sevilla. Die bedeutendften der-
halbrund abgefchloffene Darfieilungen, von
Kirche«, 1865 in der Auction Pourtales
ift4), die zweite, eine »Concepcion« mit an-

Privftbefitz, beim Herzog de Pozzo di Borgo zu Paris und der »Verwandlung
Curti^in des Brodes des Diego in Rofen«, bei Herrn Ch. B. Curtis in New-York.
New-York. j?s jfl- intereffant zu fehen, dafs Murillo in Bezug auf die Auswahl und die
Anordnung der Gegenftände in diefen frühen Gemälden fchon ganz er felbft
ift, während die ungemein kräftig realiftifche Formenfprache, die Härten und
Steifheiten in einzelnen
der Farbengebung hier
Befangenheit verrathen,
vollftändig abftreifen.
ZwP derder Im Jahre 1655 malte er den hl. Ifidoro mit den Zügen des Licenciaten
Kathedraie Talaban und den hl. Leander mit den Zügen des Licenciaten Herrera4): er
malte fie für die Sacriftei der Kathedrale von Sevilla, wo fie fich noch befinden:
lebensgrofse, bildnifsartige Geftalten, die freilich nicht befonders charakteriftifch
für den Meifter find, ihn aber doch in intereffanter Weife von der Seite einer
befonderen Auffaffung und eines bedeutenden Fortfehritts in der Flüfsigkeit
der Behandlung zeigen. Um fo charakteriftifcher zeigt die in demfelben Jahre 1 2)
für die Kathedrale von Sevilla gernalte, fpäter von Marfchall Soult geraubte
Mariafbdes Darftellung der Geburt Mariae, jetzt im Louvre zu Paris, den entwickelten Stil diefer
Louvre.
 
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