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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0298
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Sechstes Buch. Zweiter Abfchnitt.

™ p°JYre betenden Prieftern zu ihren Füfsen, fich im Louvre zu Paris befindet, die dritte
und vierte aber, welche fich auf die Gründung der Kirche S. Maria Maggiore
sn F^r^ndo’R°m beziehen, zu den Hauptwerken der Akademie S. Fernando zu Madrid
zu Madrid. gehören> Die eine diefer letzteren zeigt uns den römifchen Senator und feine
Gattin, wie fie fchlafend in ihrem Wohngemache ruhen und die hl. Jungfrau,
welche ihnen im Traume die Stelle anweift, wo die Kirche gegründet werden foll;
die andere aber (Fig. 494) zeigt uns links den Papft neben zwei Cardinälen auf
dem Throne, vor ihm den römifchen Senator und feine Gattin, welche ihm ihren
Traum erzählen, knieend zu feinen Füfsen; rechts aber eine weite landfchaftliche
Perfpective, in der fich eine feierliche Proceffion nach der neuentftehenden
heiligen Stätte hinbewegt. Befonders diefes Bild zeigt uns Murillo von feiner
geiftvollften und beften Seite. Die Compofition ift ganz ideal gedacht und dem
Raume vortrefflich angepafst, die einzelnen Gefüllten find von wunderbarer
Frifche in der realiftifchen Auffaffung und in der weichen und doch energifchen
Technik der Modellirung; die zugleich fatten und duftigen Farbenaccorde aber,
welche die ganze Darftellung beherrfchen, gehören zu der erquickendften und
wohlthuendften Farbenmufik, welche die Kunftgefchichte kennt. Um 1668
D1cionOIimep' entftand die prachtvolle »Concepcion« im Kapitelfaal der Kathedrale zu Sevilla,
Kapiteifaai um 1670 die köftliche heilige Familie mit der hl. Elifabeth und dem kleinen
draie. Johannes im Louvre zu Paris.
Das Jahrzehnt zwifchen 1670 und 1680 aber erfcheint als die eigentliche
^ykius'dls' Glanzzeit des Schaffens Murillos. In den Jahren 1670 bis 1674 malte er
hofpttais fGnen berühmten Bildercyklus in der Kirche des Caridadhofpitals zu Sevilla1),
zu Sevilla: Oben an den Langwänden malte er fechs grofse Breitbilder, von denen die
beiden gröfsten eben nur durch ihre Riefengröfse dem Raubgelüfte des
Marfchalls Soult widerftanden und noch an ihrer urfprünglichen Stelle zu
m^hrungTer feilen find. Das eine von ihnen ift unter dem Namen La Sed, »der Dürft«,
B»Lalesed«d bekannt und ftellt Mofes dar, wie er den durftenden Kindern Israels in der
däfdbft- Wüfte zu trinken verfchafft; das andere ftellt das Wunder der Vermehrung
der Brode und der Fifche dar; beide find befonders durch die coloriftifche
Beherrfchung der Volksmaffen und die fittenbildlich - lebendigen Einzelmotive
dUfesCyidus ausgezeichnet. Die übrigen, etwas kleineren vier Bilder wurden vom Marfchall
Soult entführt und befinden fich jetzt an verfchiedenen Orten: »die Rückkehr
des verlorenen Sohnes» und »Abraham mit den drei Engeln« im Stafford
London House zu London, »Chriftus am Teiche Bethesda« bei Mr. Tomline zu Orwell
insfPeters ^ark ln Suffolk, »Petrus im Gefängnifs« in der Eremitage zu St. Petersburg.
bürg. An den unteren Wandtheilen aber malte Murillo zwei grofse Hochbilder, von
denen das eine, welches San Juan de Dios, wie er bei feinem Krankenträger-
n°nd Stei?ert amt zufammenb richt, von einem Engel unterftützt zeigt, fich noch an feinem
unfprünglichen Platze befindet, während das andere, welches die hl. Elifabeth,
im Begriffe arme Kranke zu pflegen, zu wafchen und zu tröffen darftellt, jetzt
s^Fern^tdo zu ^en Hauptbildern der Akademie San Fernando zu Madrid gehört. Die Scene
zu Madrid, diefes köftlichen Gemäldes (Fig. 495) ift in eine reiche Halle verlegt. Das Silber-
becken, über dem die vornehme, jugendfchöne Heilige einem armen kleinen

1) Curtis a. a. O. p. 116.
 
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