Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0352
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
340

Sechstes Buch. Dritter Abfchnitt.

reich gegliedertem Terrain im Mittelgründe zufammengefetzt, auch wärmer und

Sein Schüler
J. B. Cham-
paigne.
Laurent de
la Hire.
Seine Ent-
wicklung.

weicher im Gefammtton, als man es feinen Figurenbildern nach glauben würde.
Sein Hauptfchüler war fein Neffe Jean- Baptiße Champaigne, der 1645 in
Brüffel geboren wurde und 1693 als Akademieprofeffor in Paris ftarb.
Ein anderer Schüler Georges Lallemands war Laurent de la Hire (geboren
zu Paris 1606, geftorben dafelbft 1656 '). Bei Lallemand konnte er jedoch fo
wenig lernen, wie Pouffin und Champaigne bei ihm gelernt hatten. Seine

eigentlichen Lehrmeifter waren die Künftler, deren Gemälde er in Fontainebleau

(oben II, S. 787 ff.) ftudirte. Von ihnen lernte er die glatte, conventionelle
Sein Stil. Manier, die ihn beliebt machte. Nach Poussin und Claude bildete er fpäter
feinen Landfchaftsftil und verftand fich faft fo gut, wie diefe, darauf, aus voll-
belaubten, hohen Bäumen, römifchen Säulenruinen und fernen Bergzügen land-
fchaftliche Hintergründe, die manchmal die Figuren zur Staffage herabdrückten,
zufammenzufetzen. Die königliche Akademie wählte ihn gleich 1648 zu einem
Hiftorien- ihrer zwölf Aeltesten. In feiner Jugend malte er für Kirchen und Schlöffer
bllder feine beften Hiftorienbilder. Das Gemälde der Auffindung der Leiche des
hl. Franciscus durch Papft Nicolas V., welches die Jahreszahl 1630 trägt, war
urfprünglich für die Kapuzinerkirche der Rue d’Orleans gemalt, befindet fich
im Louvre, jetzt aber im Louvre. Darftellungen La Hire’s mit lebensgrofsen Figuren find
auch »die Heilung des Kranken durch den Schatten des Apoftels Petrus« von
1635, aus Notre Dame, »Chriftus mit den drei Marien am Grabe« aus der

Karmeliterkirche der Rue Saint Jacques und eine Madonna von 1642, die früher
ebenfalls Kirchenbild war, alle drei im Louvre. Ihnen fchliefsen die Anbetung
m Rouen, jer Hirten von 1635 im Mufeum zu Rouen und eine heilige Familie von 1641
in Nantes, jm Mufeum von Nantes fich an. Später wurden feine Figuren immer kleiner,
gleichzeitig feine landfchaftlichen Gründe immer bedeutender. Dies zeigen
in Wien, z ß. fchon die »Himmelfahrt Mariae« in der kaiferlichen Galerie zu Wien, die
inStbuPr|)ers' »Geburt des Bacchus« von 1638 in der Eremitage zu St. Petersburg, die Dar-
im Louvre, p-epung aus der Gefchichte Jacobs, Labans und Rahels von 1647 Louvre.
Dafs er aber auch noch in feiner allerletzten Lebenszeit gröfsere Kirchenbilder
in Rouen, gemalt hat, beweifen feine »Kreuzesabnahme« von 1655 im Mufeum zu Rouen
und feine für die Grande-Chartreuse ausgeführten Darftellungen des Heilands als
in Grenoble. Gärtner und in Emmaus, beide von 1656 datirt, im Mufeum zu Grenoble.
Se*ne LaW Eigentliche Landfchaften feiner Hand endlich befitzt der Louvre: hervorzuheben
Louvre. pinj gie Darftellung eines Waldthales mit reicher Staffage von 1649 und die
Flufslandfchaft mit badenden Frauen von 1653, beide zeigen Anklänge an
Claude Lorrain, find aber verblafener im Vortrag und im Ton, als die Bilder
Radirungen c^e^es Meifters. Uebrigens gehört La Hire auch zu den gefchätzten franzö-
fifchen Radirern. Von feinen 35 Blättern zeichnen fich befonders die landfchaft-
lichen Darftellungen ’2) durch ihre anmuthigen Compofitionen und ihre leichte
Behandlung aus. Alles in Allem zeigt der Meifter im Guten wie im Schlechten,
wie weit oder wie wenig weit ein franzöfifcher Künftler es, ohne Italien zu
befuchen, in jener Zeit bringen konnte.

1) Hauptquelle die Notizen bei Mariette a. a. O. III, pag. 42 fr. — Memoires inedits II, pag.
104—114.
2) Robert-Dumesne I, pag. 90, n. 28—35.
 
Annotationen