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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0397
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Die vlämifche Malerei des 17. Jahrhunderts. A. Uebergangsmeifter. 3^5
Koningsloo (oben S. 90—91) verfolgt haben. Die kräftig getupfte Behandlung des
Baumlaubs, wie fie von Patinir bis P. Brueghel Mode war, hat jetzt dem im
Vordergründe Blatt für Blatt deutlich charakterifirenden, in den zurückliegenden
Theilen aber das Laub in Büfchel, die Zweige und oft fogar die ganzen Bäume
in Sträufse zufammenfaffenden »Baumfchlage« Platz gemacht, als deffen Vater
wir mit van Mander berechtigt waren, Gillis van Koningsloo anzufehen. Es
liegt etwas Conventionelles in diefer Behandlung der Bäume, die doch eine
grofse Rolle auf den Bildern diefer Art zu fpielen pflegen; und conventionell
ift auch die etwas unklare, noch nicht auf treuer Beobachtung beruhende Dar-
ftellung der Lüfte mit ihren in Formen und Farben gleich unwahren Wolken-
bildungen, ift vor allen Dingen die ganze Behandlung der Luftperfpektive,
welche hauptfächlich mit einer fchablonenhaften Abftufung in drei Tönen *) Die con-
1 . ventionelle
fchaltet, indem im Vordergründe die braune, im Mittelgründe die grüne, im Farben-
ö ° ö abftufung.
Hintergründe die blaue, oft jedoch zu einem fahlen Afchgrau werdende Farbe
vorherrfcht. Schon bei den landfchaftlichen Gründen der alten Venezianer
finden fich Anklänge an diefe Behandlungsart, indem hier wenigftens ein kräftig
braun gehaltener Vordergrund einem entfchieden blau gehaltenen Hintergründe
entgegengefetzt wird. Aber diefen Gegenfatz kann man in Oberitalien oft
genug in der Natur beobachten1 2); und fchon bei den reifen Meiftern des fech-
zehnten Jahrhunderts macht er hier einer gröfseren Abwechslung Platz. Dafs Beliebtheit
gerade die nordifchen Maler diefer Zeit ihn conventionell zu einem Dreiklang viämifchen
Landfehafter
weiterbildeten und ohne Anlafs und ohne Wahrheit überall durchführten, ftellt diefer
ihrer Naturbeobachtung nicht das günftigfte Zeugnifs aus. Indeffen wufsten
manche von ihnen die drei Töne doch zu mildern und in feinen Uebergängen
zu verfchmelzen; und Alles in Allem kam ihre Auffaffung der Landfchaft dem
Zeitgefchmacke, ehe An. Carracci, Salv. Rofa, die beiden Pouffin und Claude
Lorrain im Süden, Rubens im Norden einer freieren und frifcheren Anfchauung
Bahn gebrochen hatten, doch in folchem Mafse entgegen, dafs gerade fie
im Norden wie im Süden als die muftergültigen Vertreter ihres Faches
verehrt wurden. Auffallend ift nur, dafs fie fchulbildend bis tief ins fieb-
zehnte Jahrhundert hinein weiter wirkten und dafs die minutiöfen und ma-
nierirten Landfchaften diefer Schule noch gegen Ende des Jahrhunderts
neben den Bildern der freieren Richtung Liebhaber und Nachahmer be-
hielten. Indeffen haben manche diefer Bilder in der That ihre Reize und
ihre Vorzüge, welche wir bei der Befprechung der einzelnen Meifter kennen
lernen werden.
An der Spitze diefer Entwicklung flehen die beiden Brüder Matthäus und Die Brüder
Paulus Bril (Brill)3), wenngleich gerade fie, wie wir fehen werden, in Italien
einen Theil ihrer altvlämifch kleinlichen Behandlungsweife abflreifen lernten.
Von Matthäus (Matthys) Bnl wiffen wir aufserordentlich wenig. Nach van Matth, bhi.
1) Vgl. hierüber auch H. Riegel, Beiträge I, S. 36.
2) Vgl. des Verfaffers »Kunft- und Naturfkizzen« I, S. 377—378.
3) K. v. Mander, a. a. O., franz. Ausg. von Hymans, II, Paris, 1885, p. 241fr. — Giov.
Baglione, a. a. O., Rom 1642, p. 296—297. — Ed. Fetis: Les artistes beiges ä l’etranger, Brüffel
1857, I, S. 143 — 166. — H. Riegel; Beiträge I, S. 37, II, S. 32—33. — FI. Hvmans, Commentar
a. a. O., p. 244ff.
Gefchichte d. Malerei. III. 25
 
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