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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0418
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406

Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.

in Deffau,
in Braun-
fchweig,
in Wien,
in St. Peters-
burg,
in Stock-
holm,
in Caffel.

Hendrik
Steenwijck
. d. J.
Sein Leben.
Sein frühes in Antwerpen thäti;
Bild in . 1

malerei zu einem felbftändigen Fache, nachdem Hans Fredeman de Vries1) in
mehr decorativem Sinne vorgearbeitet hatte, fich in Belgien und in der Ueber-
gangszeit vom fechzehnten in’s fiebzehnte Jahrhundert vollzog. Diefe Ent-
wicklung knüpft fich befonders an die Namen der beiden Hendrik Steenwijck
und der beiden Peeter Neefs.
stltnwijck Hendrik Steenwijck d. Ä. ift um 1550, wahrfcheinlich zu Steenwijck im
Sein Leben Greife Overyffel2) geboren, aber früh nach Antwerpen gekommen und beim
Aufenthalte des Hans Fredeman de Vries in diefer Stadt deffen Schüler gewefen.
Jedenfalls wurde er 1577 Meifter der Antwerpener Gilde. Bald darauf verliefs
er jedoch fein Heimathland, zog nach Deutfchland und liefs fich in Frank-
Seine furt a> M. nieder, wo er um 1603 ftarb 3). Er malte das Innere gothifcher
Kirchen, grofser Säle und mächtiger Steingewölbe, die er manchmal durch
Fackellicht erleuchten liefs. Die Figuren feiner Bilder rühren in der Regel von
anderen Händen her; feine Binnendarftellungen felbft find zwar noch etwas
hart, aber fie find zugleich feft und klar in der Zeichnung und durch eine
energifche Darftellung des Dämmerlichtes und der tiefen Schatten bemerkens-
werth. Sein früheres datirtes Bild ift das gothifche Kircheninnere von 1585
m Mailand, in der Ambrofiana zu Mailand, ein Bild, deffen Figuren von Jan Bruegel dem A.
herrühren. Ausnahmsweife von aufsen genommene Architekturftücke feiner Hand
find der Colonnadenplatz von 1588 (bez. »Frankfort«) im Amalienftift zu Deffau
und das Marktbild von 1598 im Braunfchweiger Mufeum. Andere Bilder
des Meifters findet man in Wien und St. Petersburg; auch das Innere einer
Renaiffancekirche von 1602 im Stockholmer Mufeum und die, wie es fcheint,
vom felben Jahre datirte Halle mit fchlafenden Wachen in der Caffeler Galerie
dürften auf ihn zurückgeführt werden, wogegen das ihm zugefchriebene Gefäng-
nifsbild von 1604 in der kaiferlichen Galerie zu Wien aus dem angeführten
Grunde ficher ein Jugendwerk feines Sohnes Hendrik Steenwijck d. J. fein
mufs. Diefer wird um 1580 in Frankfurt a. M. geboren fein4). Er war fpäter
ig, ging aber dann (vor 1629) nach London, wo er längere
s Wien. Zeit thätig war. Dafs er 1649 noch am Leben war, beweift fein bezeichnetes
in Berlin, und datirtes Bild von diefem Jahre im Berliner Mufeum (Vorrath). Als Künftler
Sein Stil, trat er ganz in die Fufstapfen feines Vaters, milderte deffen manchmal metallifche
Härte aber allmählich zu malerifcher Breite, um fchliefslich dünner im Vortrag
und kälter im Ton zu werden. Bezeichnete und datirte Bilder feiner Hand find
^Bilder’ keineswegs feiten. Man fuche fie z. B. im Louvre zu Paris (u. A. Kirchen-
inneres von 1618 [nicht 1608, Scheibler], Halle mit Chriftus, Martha und Maria
[Fig. 522] von 1620), in der kaiferlichen Galerie zu Wien (u. A. das erwähnte
Gefängnifs mit der Befreiung Petri von 1604, das Innere einer gothifchen Kirche

1) Vgl. oben S. 93. Es ift hinzuzufügen, dafs der neue Katalog der kaiferlichen Galerie zu
Wien (II. Band, 1884) als »neuaufgeftellt« vier mit dem Monogramme des Meifters verfehene Archi-
tekturftücke aufführt.
2) Ä'. v. Mander, a. a. O., ed. Hymans, mit des letzteren Anmerkungen II, p. 66.
3) Da K. v. Mander fein Werk 1604 abfchlofs und gleichwohl berichtet, dafs der Meifter,
wie er glaube, 1603 geftorben fei, fo ift fein Tod eher früher als fpäter zu fetzen und nicht anzu-
nehmen, dafs er 1604 noch gemalt habe.
4) Vgl. das Verzeichnifs der Berliner Galerie von 1883, S. 443.
 
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