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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0448
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436

Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.

keineswegs allein da. Auf dem Mittelbilde (Fig. 530) thront Maria zwilchen vier
geiftvoll frei angeordneten weiblichen Heiligen und überreicht dem vor ihr knieen-
den hl. Ildephons das Mefsgewand, welches diefer, indem er es ehrfurchtsvoll küfst,
mit beiden Händen in Empfang nimmt. Ueber ihrem Haupte fchweben in hell
hereinbrechenden Lichtftrahlen drei Engelknäblein mit Rofenkränzen. Auf den
Flügelbildern find die Stifter mit ihren Schutzheiligen unter hohen, oben mit
Purpurvorhängen gefchmückten Säulen dargeftellt; beide knieen, fprechend
lebendig aufgefafst, prächtig in ihr Fürftenornat gekleidet, auf rothen Kiffen
an ihren Gebetpulten und fchauen beglückt dem heiligen Vorgänge des Mittel-
bildes zu. Die Compofition des Ganzen ift bei aller Freiheit im Einzelnen von
grofsartig ftrenger Gefchloffenheit, die es allerdings möglich erfcheinen läfst,
dafs der erfte Entwurf des Bildes einer früheren Zeit angehört; die einzelnen
Gehalten aber zeigen die fpäteren Rubens’fchen Typen und find bei aller
Sorgfalt doch breit und malerifch durchgeführt; vor Allem entzückt der
beraufchende, tiefe Farbenglanz, welcher, mit geiftvollem Helldunkel gepaart,
von den Bildflächen ausftrahlt.
Andere fpäte Sicher aus den letzten Lebensjahren des Meifters flammen noch die
Bilder des J
Rubens in mächtige, eindrucks volle, aufs gediegenfte gemalte »Kreuzigung Petri« in der
Köln(Peters- ° r & & b t>
kirche), Peterskirche zu Köln, welche der dortige Kaufherr Eb. Jabach 1637 bei ihm
beftellt hatte, ferner das im Auftrage des Grofsherzogs von Toscana 1638
(Pak pitti), vollendete grofse allegorifche Gemälde des Krieges im Palazzo Pitti zu Florenz,
ein meifterhaft durchgeführtes Werk von unheimlich-prächtiger Farbenglut und
(NauGaii.). eindringlicher Gedankentiefe (den Entwurf befitzt die National Gallery zu London),
endlich das erft 1639 vollendete wundervoll leuchtende »Parisurtheil« des
(M^feum). Madrider Mufeums (Fig. 531), eine neue, veränderte, herrlichere Auflage der
Londoner Darftellung desfelben Gegenftandes. »Dies Bild ift wie ein ftrahlender
Sonnenuntergang nach einem heiteren, unbewölkten Sommertage« ').
fpäkeriBiider Die Zahl der Bilder, die vorzugsweife aus inneren Gründen dem letzten
femer Hand japrzeünt des Lebens des Meifters zugefchrieben werden müffen, ift übrigens
noch eine recht bedeutende. Von den altteftamentlichen Darftellungen fei nur
noch die in farbigftem Schmelze fchimmernde »Bathfeba am Brunnen« in
in Dresden, cler Dresdener Galerie genannt, wahrfcheinlich das Bild diefes Gegenftandes,
welches fich in Rubens’ Nachlafs vorfand2). Von den Kirchenbildern mögen
in Brüffei, (jie um 1634 entftandene, ergreifende »Kreuztragung Chrifti« im Brüfteler
in Berlin, Mufeum, die »hl. Cäcilie« (Fig. 532) des Berliner Mufeums, der »Kindermord«
’nH'ßrüfre'i’^er Münchener Pinakothek, die »Anbetung der Könige« im Brüfteler und die
m Ant- »fr], Therefe« im Antwerpener Mufeum hervorgehoben fein. LTnter den mytho-
logifchen Darftellungen ragen noch fo anmuthige Werke hervor, wie die »Diana
in Berlin, auf der Hirfchjagd« (mit Thieren von F. Snyders) im Berliner Mufeum, wie
in Wien, die »kalydonifche Eberjagd« in der kaiferlichen Galerie zu Wien, wie »Meleager
in München, und Atalante« in der Münchener Pinakothek und das kleine Bild des »Argus-
in Dresden, tödters Merkur« in der Dresdener Galerie3). Ihnen reiht auf rein idyllifchem
in München. Gebiete die hübfehe, lebensgrofse »Schäferfcene« der Münchener Pinakothek
1) Carl Jußi: a. a. O., S. 263.
2) John Smith, Catalogue raisonne II, p. 31, N. 87.
3) Ueber andere vgl. Goeler von Ravensburg a. a. O.
 
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