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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0460
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Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.

der Leidensgefchichte des Heilands gefchopft find, ift fchon erwähnt worden,
in Kh-chen Die grofsen Compofitionen diefer Art, welche fchon durch ihren Gegenfland
den Vergleich mit nahe verwandten Bildern des Rubens herausfordern, wie
zu Courtray, die mächtige Kreuzesaufrichtung von 1630—1631 in der Hauptkirche zu Kortryk
zu Mechein, (Courtray) und die grofse Kreuzigung von 1627 in der Kathedrale zu Mecheln,
zeigen den Meifter nicht von feiner ftärkften und felbftändigften Seite. Von
feinen grofsen Kreuzigungsbildern, welche, wie diefes letztere, neben den An-
gehörigen des Herrn die römifchen Reiter am Fufse des Kreuzes zeigen, ift
zu Dender- dasjenige der Hauptkirche zu Dendermonde das fchönfte und ergreifendfte, das-
zu Gent; jenige der Michaeliskirche zu Gent (von 1630), welches leider fehr fchlecht erhalten
ift, urfprünglich vielleicht das beft componirte. Gefchloffener in der Wirkung
als diefe Bilder ift die einfachere Darftellung des Gekreuzigten (von 1629)
Sammlungen dem heiligen Dominicus und der heiligen Katharina von Siena im Mufeum
. zu zu Antwerpen: ihr fchliefst die Kreuzigung mit Johannes und Maria im Mufeum
zu Lilie, zu Lille fich an. Am ergreifendften aber vielleicht find die ganz einfachen
Darftellungen des am Kreuze hängenden Heilandes vor nächtlich verfinftertem
zu Wien, Himmel, wie fie fich in der kaiferlichen Galerie zu Wien, im Mufeum zu Ant-

zu Ant-
werpen,

zu Ant-
werpen,
zu München,

werpen, und, mit den Kriegsknechten, welche die Stätte verlaffen, in der
Münchener Pinakothek finden. Noch mehr in feinem eigenften Fahrwaffer
erfcheint van Dyck in feinen Grablegungen und Beweinungen Chrifti (fog.
Pieta). Das fchönfte diefer Bilder ift die kleinere Grablegung des Antwerpener
Mufeums (Fig. 534). Maria fitzt am Eingang der Grabeshöhle mit ausgebreiteten
Armen auf dem Boden. Das Haupt ihres todten Sohnes ruht in ihrem Schoofse;
zu feinen Füfsen knieen zwei weinende Engel mit Johannes, der auf die
Wunden des Heilandes deutet. Die Gruppe ift ergreifend angeordnet und von
tiefftem Schmerzensausdruck befeelt. Die Pinfelfuhrung ift breit und kräftig, aber
voll feinfter und weichfter malerifcher Empfindung in der Modellirung. Zugleich
zeigt diefes Bild das eigenartigfte und charakteriftifchfte Colorit van Dycks. Es ift
ganz auf einen fchlichten Farbendreiklang von Blau, Weifs und warmem Gold-
zu Ant- braun geftellt, in welches auch die Fleifchfarbe hinüberleitet. Im Antwerpener
werpen, 0
Mufeum befindet fich aufserdem noch eine gröfsere, weniger glücklich compo-
nirte Grablegung van Dycks, die eigentlich noch eine Kreuzesabnahme ift; und
ein ähnliches Bild fieht man in der Kapuzinerkirche diefer Stadt. Zwei »Be-
zu München, weinungen Chrifti« des Meifters befitzt die Münchener Pinakothek, eine befindet
zu Berlin, fich im Berliner Mufeum. Der Gegenfland fagte ihm aufserordentlich zu; in
Schulwiederholungen findet er fich noch unzählige Male.
VMad?nn^n- Aber auch einfache oder mit anbetenden Heiligen ausgeftattete Marien-
bilder Darftellungen zeigen van Dyck von feiner glücklichften Seite. Lernen wir in
den Paffionsbildern feine Beherrfchung des Schmerzenspathos kennen, fo zeigt
er uns in diefen feine Gabe, reizende Anmuth, holde Glückfeligkeit und ftille
Andacht zu fchildern. Zu feinen berühmteften Bildern diefer Art gehört die
Madonna mit dem flehenden Chriftkinde und dem kleinen Johannes in der
in München, Münchener Pinakothek, die auch eine fchöne »Ruhe auf der Flucht« von
feiner Hand befitzt; ferner die Madonna mit dem knieenden Stifterpaare und
in Paris, den blumenftreuenden Engeln im Louvre zu Paris; die »heilige Familie mit
n SJ’u^|)eis'dem Engeltanz« (nach zwei vorüberfliegenden Rebhühnern, die fich darauf
 
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