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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0492
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Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.

Ant.Sallaert. Ant. Sallaert von Brüffel (geb. dafelbft gegen Ende des Jahrhunderts, 1606
Lehrling, 1613 Meifter, von 1633—-1648 Decan der dortigen Gilde) ift ein oft
genannter, aber, wie es fcheint, bisher verkannter Meifter. Dafs er grofse
Kirchenbilder gemalt hat, wird durch ältere Quellen bezeugt '); aber fie find
noch nicht wiederentdeckt worden; und feine heilige Jungfrau mit Rathsherren-
bildniffen im Stadthaufe und fein Paffionsbild im Mufeum zu Brüffel, genügen
nicht, ihn uns zu veranfchaulichen. Dafs er aber der Urheber der Proceffions-
bilder im Mufeum zu Brüffel und in der Pinakothek zu Turin und anderer
Bilder im Stile derjenigen des Denijs Alsloot (oben S. 400) fei, welche die
belgifche Kritik ihm theils bis vor Kurzem zufchrieb, theils noch zufchreibt -),
Lie^ackfre. ift unerwiefen und nicht wahrfcheinlich. — Nie. de Liemackere, genannt Roofe,
von Gent (1575—ein Schüler des Marcus Geerarts (oben S. 86) und
des Otto von Veen (oben S. 77), ein Hauptvertreter der Genfer Gilde in der
erften Hälfte des 17. Jahrhunderts und der Mitarbeiter des Cafp. de Crayer
an den Triumphbogenbildern, welche 1635 in Gent ausgeführt wurden (oben
S. 474), tritt uns in feinen zahlreichen Kirchengemälden des Mufeums diefer
Stadt zu unfrei und unfelbftändig entgegen, als dafs er uns veranlaßten könnte,
auf ihn einzugehen. —- Dagegen erzeugte Lüttich um diefe Zeit in Gerard
Douffet1 Doujfet einen Meifter, dem wir, da er fchulbildend weiter wirkte, etwas näher
treten müffen3). Douffet war 1594 in Lüttich geboren. Er foll, nachdem er
hier und in Dinant feinen erften Unterricht von fonft unbekannten Meiftern
empfangen hatte, zwei Jahre unter Rubens in Antwerpen gearbeitet haben.
Da diefe Ueberlieferung jedoch nicht urkundlich erwiefen ift und auch fein Stil
nichts mit demjenigen der Rubensfchüler zu thun hat, fo durften wir ihn nicht
diefen anreihen. Von 1614—1623 hielt er fich in Italien, hauptfächlich in Rom
auf, wo damals die Eklektiker der bolognefifchen Schule tonangebend waren;
und durch fie ift er offenbar in feinen hiftorifchen Darftellungen am meiften
beeinflufst worden. Douffet ift im neuen Jahrhundert einer der frühften nor-
difchen Vertreter der »akademifchen Richtung«, die fich dann von ihm auf
Richtung, feinen Schüler B. Flemalle und feinen Enkelfchüler Ger. Laireffe fortpflanzte.
Seit 1623 blieb er hauptfächlich in Lüttich thätig, wo er 1660 ftarb. In
Sin Lüttich Lüttich hat fich jedoch nur ein einigermafsen bedeutendes Bild feiner Hand er-
halten. Diefes ftellt die Berufung des Apoftels Jakobus d. Ä. durch Chriftus
dar und befindet fich im Hofpice du Petit-St. Jacques. Seine beiden wichtigften
Hiftorienbilder, von denen das eine die Auffindung der Leiche des heiligen
Franz durch Papft Nikolaus V., das andere die Aufrichtung des erften Kreuzes
in München, durch die Kaiferin Helena darftellt, gehören der Münchener Pinakothek; und
diefe Sammlung befitzt auch vier tüchtige Bildniffe feiner Hand, von denen
zwei, welche einen Kaufherrn und deffen Gemahlin darftellen, da iie von 1617
datirt find, in Italien gemalt fein müffen, während eines, welches einen roth-
bärtigen, fchwarzgekleideten Herrn zeigt, da es die Jahreszahl 1624 trägt,
nach feiner Heimkehr in Lüttich entftanden ift. Dafs diefe Bildniffe frifcher,
lebendiger, individueller find, als feine grofsen, italifirenden Hiftorienbilder, wird
1) Vgl. y. G. Wouters, La peinture flamande, p. 260.
2) Vgl. die Anm. 3 oben S. 400.
3) yules Helbig: Histoire de la peinture du pays de Liege, Lüttich 1873; pag. 165—180.
 
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