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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0513
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Die vlämifche Malerei des i^- Jahrhunderts. E. Die Maler kleiner Figuren.

Boi

die im figürlichen Theile noch an die bunte Art der Francken, im landschaftlichen
an die »drei Töne« der vlämifchen Uebergangsweife erinnern; aber auch vier
etwas kleinere Landfchaften, von denen eine Tobias mit dem Engel zur Staffage
hat; die charakteriffifchfte von ihnen ift die noch im Banne der Momperfchen
Auffaffung und Empfindung gemalte wilde Berglandfchaft mit dem See im
Mittelgründe, wogegen z. B. das Bild mit dem Felfenthor und dem Wafferfall
fchon in eine hellere, wahrere Tonart hinüberfpielt. Von den zahlreichen
Bildern, die im Dulwich College bei London dem älteren Teniers zugefchrieben imc?i?e^eCh
werden, rechnen wir vor allen Dingen die von 1634 datirte Darftellung der
büfsenden Magdalena und ihr Gegenftück, die Felfenlandfchaft mit dem betenden
Petrus, hierher. Fernere Bilder des Meifters find die romantifche Berglandfchaft
mit dem Felfenfchloss im Braunfchweiger Mufeum, die »zechenden Bauern vor "1 Brayn-
der Dorffchenke« in der Darmftädter Galerie, die »Verfuchung des heiligen Darmftadt,
Antonius« im Schweriner Mufeum, eine »Felfenfchlucht« in der Münchener Schwerin,
München,
Pinakothek und eine Landfchaft der Londoner National Gallery. Mit Recht London,
wird neuerdings auch wohl eine »Verfuchung des heiligen Antonius« im Berliner in Berlin,
Mufeum dem alten David Teniers zurückgegeben. Von den Bildern, die bisher
in der Dresdener Galerie feinen Namen trugen, können wir ihm mit Sicherheit 'n Dresden,
jedoch nur die beiden kleinften Dorflandfchaften laffen.
David Teniers II. war glücklicher als fein Vater. In der erften l lälfte ,,, David
ö e -Teniers II.
feines Lebens hatte er fich eine angefehene Stellung im Künftlerleben Antwer- Sein Leben,
pens erarbeitet und als Schwiegerfohn Jan Brueghels d. A. erheirathet. In
der zweiten Hälfte feines Lebens fpielte er als Hofmaler und als Galeriedirector
des Erzherzogs Leopold Wilhelm eine bedeutende Rolle in Brüffel. Er erwarb
fich, fruchtbar wie er war, ein bedeutendes Vermögen und befafs zu Perk
ein Landgut mit ftattlichem Schlöffe. Auch vergafs er in Brüffel feiner Vater-
ftadt nicht. Auf fein Betreiben wurde hier 1663 eine Kunftakademie nach
dem Mutter der Parifer Academie royale gegründet.
David Teniers II. ift durch und durch Sittenmaler. Auch die Stoffe, welche Sein Kunft-
er der Bibel, der Sage, der Poefie entlehnte, fafste er fittenbildlich auf; doch Sein
ift es deshalb, da er fie zugleich geiftreich und lebendig behandelte, nicht noth- St°r'öCbieL
wendig, fie mit Nafenrümpfen zu übergehen, wie es hier und da gefchieht.
Im eigentlichen Sittenbilde bevorzugte er, in feiner früheren Zeit ftark von
Adrian Brouwer beeinflufst, das Wirthshausleben der unteren Stände in ge-
fchloffenen Räumen oder im Freien, im Hofe des ländlichen Gafthaufes, in dem
dann manchmal, wie fchon angedeutet, als Zufchauer oder als halb unfreiwillige
Theilnehmer, die Vertreter der höheren Stände erfcheinen. Auch das Soldaten-
leben und das Gelehrtentreiben regte ihn an. Erfterem entlehnte er befonders
feine Wachtftubenfcenen, letzterem feine Darftellungen des Alchymitten mit feinem
Adepten. Ferner lebte die alte Antwerpener Luft an Spukgefchichten in ihm
noch einmal auf; die »Verfuchung des heiligen Antonius«, mit allem erdenk-
lichen Höllenfpuk ausgeftattet, war auf diefem Gebiete fein Lieblingsgegenftand;
endlich wurde die Landfchaft, welche er im Hintergründe vieler feiner Bilder
anfprechend mitwirken zu laffen verftand, auf manchen von ihnen völlig zur
Hauptfache, fo dafs er auch eine Stelle unter den eigentlichen Landfchaftsmalern
feiner Zeit beanfpruchen darf.
 
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