Die vlämifche Malerei des 17. Jahrhunderts. E. Die Maler kleiner Figuren.
beftimmen. Den erften eingehenden und unteres Erachtens glücklichen Verfuch,
fie zu beftimmen, hat Bode gemacht *), deffen Ausführungen wir uns anfchliefsen,
indem wir uns die Hauptbilder Brouwers im Zufammenhang mit feinen Wand-
lungen zu vergegenwärtigen fachen.
Aisjugendbilder des Meifters haben zunächft »die Bauernkneipe« und »die
Bauernfehläger ei« des Amfterdamer Reichsmufeums zu gelten.2) Schon diefe
Bilder zeigen gegenüber der altniederländifchen Sittenmalerei der Brueghel
jene gröfsere Abgefchloffenheit und künftlerifche Einfachheit der Anordnung,
welche Brouwer überhaupt auszeichnen. Die Typen find derb, faft über-
trieben; die Färbung ift metallisch kalt und betont in den Gewändern der
Hauptfiguren die gelben und rothen Farben neben einem matten Blau und
Grün; die Behandlung ift in den Hauptgegenftänden hart und deckend, die
höchften Lichter im Fleifch find ftrichelnd aufgefetzt; nur im kräftig bräun-
lichen Grunde erfcheint fchon die leichte tufchende Manier, die Brouwer fich
fpäter aneignete. Den Amfterdamer Bildern fchliefst die »Bauernmahlzeit« im
Schweriner Mufeum fich an; das kleine draftifche Bildchen der Dresdener m Schwerin,
Galerie aber, welches Bode treffend »Unangenehme Vaterpflichten« nennt,
bezeichnet, wenngleich es im Ganzen noch auf demfelben Boden fleht, fchon
einen bedeutenden Fortfehritt in Bezug auf die geiftvolle Lebendigkeit der
Anordnung, die pfychologifche Feinheit des Ausdrucks und die köftliche
Harmonie der kühlen Färbung.
Die charakteriftifchften Bilder des Uebergangs zur zweiten Epoche Brouwers
find die berühmten Darftellungen der raufenden Kartenfpieler (auch »der Bilder
Mefferkampf« genannt) und der Dorfbaderftube in der Münchener Pinakothek; in München,
hellblond im Ton, reich und fein in der immer noch vorwiegend mit Gelb und
Roth rechnenden Färbung, zart im Helldunkel des Hintergrundes, ftofflich in
der malerifchen Behandlung der Einzelheiten und geiftvoll lebendig in der
Bewegung, bezeichnen fie bereits einen Höhepunkt in der Entwickelung des
Meifters. Ihnen fchliefsen fich zunächft Bilder, wie der »Zahnarzt» der Galerie
Liechtenftein, der »Wundarzt« der Galerie Schönborn in Wien, der »Zahnarzt« •nI^rt“ruhe,
der Karlsruher Kunfthalle und die »Kneipfeene« bei Herrn Gontard in Frank- in 1)ra^furt
furt a. M. an.
Die Werke diefer Art leiten uns zu den zahlreichen Bildern der eigent-
liehen mittleren Zeit des Meifters hinüber, welche im Lichte einen »körnigemail- B^Xrs
artigen« Farbenauftrag zeigen, während in den Farben felbft das Grün und das
Blau eine gröfsere Rolle fpielen, als das Roth und das Gelb, befonders ein tiefes
leuchtendes Grün und ein zartes grünliches Blau. Zugleich wird die Behandlung,
vom Grunde ausgehend, leichter und flüffiger und der helle, einfarbige Ton
1) A. a. O. p. 39—57. — Auffallend ift dabei nur, dafs Brouwer fich erft in feinen letzten
Werken der Darftellungsweife des Frans Hals nähert, der doch fein Lehrer gewefen fein foll; allein
da Brouwers früherer Stil einen anderen Charakter zeigt und fich feine Entwicklung nach Mafsgabe
feiner Werke in umgekehrter Richtung nicht denken läfst, fo bleibt vor der Hand nichts übrig, als
diefe Anomalie als folche hinzunehmen.
2) Von W. Bürger (Musees de la Hollande, 1858, I, S. 95 und 96) und noch von W. Schmidt
(Adr. Brouwer, 1873, S. 36—37) für unecht gehalten. Neuerdings, z. B. von Bode (a. a. O.), Bredrus
(Catalogus) und der Verwaltung des Amfterdamer Reichsmufeums wieder zu Ehren gebracht.
beftimmen. Den erften eingehenden und unteres Erachtens glücklichen Verfuch,
fie zu beftimmen, hat Bode gemacht *), deffen Ausführungen wir uns anfchliefsen,
indem wir uns die Hauptbilder Brouwers im Zufammenhang mit feinen Wand-
lungen zu vergegenwärtigen fachen.
Aisjugendbilder des Meifters haben zunächft »die Bauernkneipe« und »die
Bauernfehläger ei« des Amfterdamer Reichsmufeums zu gelten.2) Schon diefe
Bilder zeigen gegenüber der altniederländifchen Sittenmalerei der Brueghel
jene gröfsere Abgefchloffenheit und künftlerifche Einfachheit der Anordnung,
welche Brouwer überhaupt auszeichnen. Die Typen find derb, faft über-
trieben; die Färbung ift metallisch kalt und betont in den Gewändern der
Hauptfiguren die gelben und rothen Farben neben einem matten Blau und
Grün; die Behandlung ift in den Hauptgegenftänden hart und deckend, die
höchften Lichter im Fleifch find ftrichelnd aufgefetzt; nur im kräftig bräun-
lichen Grunde erfcheint fchon die leichte tufchende Manier, die Brouwer fich
fpäter aneignete. Den Amfterdamer Bildern fchliefst die »Bauernmahlzeit« im
Schweriner Mufeum fich an; das kleine draftifche Bildchen der Dresdener m Schwerin,
Galerie aber, welches Bode treffend »Unangenehme Vaterpflichten« nennt,
bezeichnet, wenngleich es im Ganzen noch auf demfelben Boden fleht, fchon
einen bedeutenden Fortfehritt in Bezug auf die geiftvolle Lebendigkeit der
Anordnung, die pfychologifche Feinheit des Ausdrucks und die köftliche
Harmonie der kühlen Färbung.
Die charakteriftifchften Bilder des Uebergangs zur zweiten Epoche Brouwers
find die berühmten Darftellungen der raufenden Kartenfpieler (auch »der Bilder
Mefferkampf« genannt) und der Dorfbaderftube in der Münchener Pinakothek; in München,
hellblond im Ton, reich und fein in der immer noch vorwiegend mit Gelb und
Roth rechnenden Färbung, zart im Helldunkel des Hintergrundes, ftofflich in
der malerifchen Behandlung der Einzelheiten und geiftvoll lebendig in der
Bewegung, bezeichnen fie bereits einen Höhepunkt in der Entwickelung des
Meifters. Ihnen fchliefsen fich zunächft Bilder, wie der »Zahnarzt» der Galerie
Liechtenftein, der »Wundarzt« der Galerie Schönborn in Wien, der »Zahnarzt« •nI^rt“ruhe,
der Karlsruher Kunfthalle und die »Kneipfeene« bei Herrn Gontard in Frank- in 1)ra^furt
furt a. M. an.
Die Werke diefer Art leiten uns zu den zahlreichen Bildern der eigent-
liehen mittleren Zeit des Meifters hinüber, welche im Lichte einen »körnigemail- B^Xrs
artigen« Farbenauftrag zeigen, während in den Farben felbft das Grün und das
Blau eine gröfsere Rolle fpielen, als das Roth und das Gelb, befonders ein tiefes
leuchtendes Grün und ein zartes grünliches Blau. Zugleich wird die Behandlung,
vom Grunde ausgehend, leichter und flüffiger und der helle, einfarbige Ton
1) A. a. O. p. 39—57. — Auffallend ift dabei nur, dafs Brouwer fich erft in feinen letzten
Werken der Darftellungsweife des Frans Hals nähert, der doch fein Lehrer gewefen fein foll; allein
da Brouwers früherer Stil einen anderen Charakter zeigt und fich feine Entwicklung nach Mafsgabe
feiner Werke in umgekehrter Richtung nicht denken läfst, fo bleibt vor der Hand nichts übrig, als
diefe Anomalie als folche hinzunehmen.
2) Von W. Bürger (Musees de la Hollande, 1858, I, S. 95 und 96) und noch von W. Schmidt
(Adr. Brouwer, 1873, S. 36—37) für unecht gehalten. Neuerdings, z. B. von Bode (a. a. O.), Bredrus
(Catalogus) und der Verwaltung des Amfterdamer Reichsmufeums wieder zu Ehren gebracht.