Die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts.
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Herflellung der Zierrathen hinwiefen; und eben weil diefe Formen den heimifchen
Bodenverhältniffen entfprangen, waren fie in ihrer Art wieder eine nicht nur
nationale, fondern auch einflufsreiche Schöpfung der holländifchen Kunft. Ver-
breiteten fie fich doch rafch über den ganzen Norden Europas, und werden
fie doch heutzutage an manchen Orten wieder aufgenommen und fortgebildet!
Betrachten wir ferner die ganzen holländifchen Städte als felbftändige Hostaa”dtefhe
Kunftfchöpfungen, fo fehen wir auch hier, wie aus der richtigen und empfin- Anlagen,
dungsvollen Benutzung der gegebenen Verhältniffe ganz eigenartige und
malerifch aufserordentlich reizvolle Anlagen entflanden. In der Mitte der
Strafsen die von Schiffen belebten, vielfach von Dreh- oder Zugbrücken über-
fpannten Canäle; zu beiden Seiten des Waffe rftreifens, das Strafsenpflaffer be-
fchattend, flattliche grüne Baumreihen; hinter den Bäumen in langen geraden
oder malerifch gebogenen Linien jene eigenartigen Häufer: alles ift einfach
aus befonderen Verhältniffen und Bedürfniffen entflanden; als Ganzes aber
wirkt es auf den JYusländer fremdartig und anziehend; und dafs auch die ein-
heimifchen Maler den Reiz diefer Anlagen empfunden, zeigen die zahlreichen
Gemälde, in denen fie fie um ihrer felbft willen verewigt haben.
Die holländifchen Maler des fiebzehnten Jahrhunderts wufsten eben allem, holl^ldeifche
was dem menfchlichen Auge im gefchloffenen Raume oder im Freien begegnen Malerei,
kann, feine malerifchften Seiten abzugewinnen; und gerade weil fie, unbe-
kümmert um die Richtungen anderer Schulen, ihre eigene Welt mit ihren
eigenen Augen anfahen, alfo, um mit Leonardo da Vinci zu reden, Söhne,
nicht Enkel der Natur fein wollten, zugleich aber auch fruchtbar waren und
die Technik ihrer Kunft zur höchflen Freiheit und Flüffigkeit ausbildeten, ver- keit-
traten fie den holländifchen Geift in feiner charaktervollflen und glänzendflen
Weife, find ihre Schöpfungen die reifften Früchte der ganzen holländifchen
Culturarbeit des 17. Jahrhunderts.
Damit foll nicht gefagt fein, dafs die nach Italien und Frankreich fchielende akad®Ij1e;fche
»akademifche« Richtung gar keine Vertreter unter den holländifchen Malern Richtung,
des 17. Jahrhunderts gefunden hätte. Wir werden vielmehr fehen, dafs diefe
Richtung auf allen Gebieten der holländifchen Malerei, felbft auf demjenigen
der Landfchaftsmalerei, von Anfang an einige tüchtige Anhänger zählte, nie
ganz erlofch und im Uebergange ins 18. Jahrhundert fogar die Oberhand ge-
wann; aber die Meifter diefer Art gehörten in Holland’s guter Zeit zu den
Ausnahmen, welche die Regel beftätigen. Wir haben das Recht und die
Pflicht, fie nicht mitzuzählen, wenn wir uns das Gefammtbild der holländifchen
Malerei des 17. Jahrhunderts kurz vergegenwärtigen wollen.
Fragen wir nun zunächft nach den Urfachen, welche dem holländifchen real^efche
Boden diefes Zeitraums gerade auf dem Gebiete der Malerei eine fo feltene, Haupt-
0 , richtung.
üppige und prächtige Blüthe entlockten, fo giebt uns die F'orfchung hierauf
keine völlig befriedigende Antwort. Wir müffen uns begnügen, die Thatfache
feftzuftellen, dafs niemals und nirgends auf einem räumlich fo eng begrenzten
Umkreise fo viele bedeutende Maler neben einander gelebt und gearbeitet
haben, wie im 17. Jahrhundert in jenem Hauptkunftgebiete Hollands, welches,
wenn auch weiter im Norden und im Süden des Landes einige verfprengte Gröfsen der hoiiän-
auftauchten, doch im Wefentlichen durch die kleine Kreislinie umfchloffen Malerei.
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Herflellung der Zierrathen hinwiefen; und eben weil diefe Formen den heimifchen
Bodenverhältniffen entfprangen, waren fie in ihrer Art wieder eine nicht nur
nationale, fondern auch einflufsreiche Schöpfung der holländifchen Kunft. Ver-
breiteten fie fich doch rafch über den ganzen Norden Europas, und werden
fie doch heutzutage an manchen Orten wieder aufgenommen und fortgebildet!
Betrachten wir ferner die ganzen holländifchen Städte als felbftändige Hostaa”dtefhe
Kunftfchöpfungen, fo fehen wir auch hier, wie aus der richtigen und empfin- Anlagen,
dungsvollen Benutzung der gegebenen Verhältniffe ganz eigenartige und
malerifch aufserordentlich reizvolle Anlagen entflanden. In der Mitte der
Strafsen die von Schiffen belebten, vielfach von Dreh- oder Zugbrücken über-
fpannten Canäle; zu beiden Seiten des Waffe rftreifens, das Strafsenpflaffer be-
fchattend, flattliche grüne Baumreihen; hinter den Bäumen in langen geraden
oder malerifch gebogenen Linien jene eigenartigen Häufer: alles ift einfach
aus befonderen Verhältniffen und Bedürfniffen entflanden; als Ganzes aber
wirkt es auf den JYusländer fremdartig und anziehend; und dafs auch die ein-
heimifchen Maler den Reiz diefer Anlagen empfunden, zeigen die zahlreichen
Gemälde, in denen fie fie um ihrer felbft willen verewigt haben.
Die holländifchen Maler des fiebzehnten Jahrhunderts wufsten eben allem, holl^ldeifche
was dem menfchlichen Auge im gefchloffenen Raume oder im Freien begegnen Malerei,
kann, feine malerifchften Seiten abzugewinnen; und gerade weil fie, unbe-
kümmert um die Richtungen anderer Schulen, ihre eigene Welt mit ihren
eigenen Augen anfahen, alfo, um mit Leonardo da Vinci zu reden, Söhne,
nicht Enkel der Natur fein wollten, zugleich aber auch fruchtbar waren und
die Technik ihrer Kunft zur höchflen Freiheit und Flüffigkeit ausbildeten, ver- keit-
traten fie den holländifchen Geift in feiner charaktervollflen und glänzendflen
Weife, find ihre Schöpfungen die reifften Früchte der ganzen holländifchen
Culturarbeit des 17. Jahrhunderts.
Damit foll nicht gefagt fein, dafs die nach Italien und Frankreich fchielende akad®Ij1e;fche
»akademifche« Richtung gar keine Vertreter unter den holländifchen Malern Richtung,
des 17. Jahrhunderts gefunden hätte. Wir werden vielmehr fehen, dafs diefe
Richtung auf allen Gebieten der holländifchen Malerei, felbft auf demjenigen
der Landfchaftsmalerei, von Anfang an einige tüchtige Anhänger zählte, nie
ganz erlofch und im Uebergange ins 18. Jahrhundert fogar die Oberhand ge-
wann; aber die Meifter diefer Art gehörten in Holland’s guter Zeit zu den
Ausnahmen, welche die Regel beftätigen. Wir haben das Recht und die
Pflicht, fie nicht mitzuzählen, wenn wir uns das Gefammtbild der holländifchen
Malerei des 17. Jahrhunderts kurz vergegenwärtigen wollen.
Fragen wir nun zunächft nach den Urfachen, welche dem holländifchen real^efche
Boden diefes Zeitraums gerade auf dem Gebiete der Malerei eine fo feltene, Haupt-
0 , richtung.
üppige und prächtige Blüthe entlockten, fo giebt uns die F'orfchung hierauf
keine völlig befriedigende Antwort. Wir müffen uns begnügen, die Thatfache
feftzuftellen, dafs niemals und nirgends auf einem räumlich fo eng begrenzten
Umkreise fo viele bedeutende Maler neben einander gelebt und gearbeitet
haben, wie im 17. Jahrhundert in jenem Hauptkunftgebiete Hollands, welches,
wenn auch weiter im Norden und im Süden des Landes einige verfprengte Gröfsen der hoiiän-
auftauchten, doch im Wefentlichen durch die kleine Kreislinie umfchloffen Malerei.