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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0028
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556

Sechstes Buch. II. Abtheilung. Zweiter Abfchnitt.

HoHändifche Von höherem Standpunkte betrachtet, wird diefe Verfchiedenartigkeit
griechifche wjeder zu einer Aehnlichkeit der Leiftungen. Die Holländer wie die alten
Klafficität. . . r ,
Griechen haben eben ihre eigene Natur mit ihren eigenen Augen angelehen
und fie künftlerifch in der ihrem eigenen Wefen am angemeffenften Weife durch-
gebildet. Eben deshalb hat die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts nicht
weniger bahnbrechend auf alle nachfolgenden Zeiten weitergewirkt, als die
griechifche Plaflik der »alten Zeit«.1)
A. Die Utrechter Schule2) und verwandte Meiller.
Utrechter Wie Utrecht in einigen politifchen und kirchlichen Beziehungen eine befondere
heiten. Stellung unter den holländifchen Städten behauptete, fo bewahrte es fich auch
auf dem Gebiete der Malerei eine abweichende künftlerifche Ueberzeugung,
welcher fich eine grofse Selbfländigkeit allerdings nicht nachrühmen läfst. Die
Utrechter Malerei hatte an der eigenartigen nationalen Entwicklung der hollän-
difchen Kunft nur einen geringen Antheil. Sie hielt vorzugsweife die Einflüffe
Chdearkter ^er Südlichen Schulen feil: auf dem Gebiete der Figurenmalerei den Einflufs
Utrechter jer römifchen Schule, wenngleich fich die Grofsmaler Utrechts im 17. Jahr-
hundert nicht mehr, wie Jan van Scorel, der Utrechter Hauptmeifler eines
früheren Zeitraums (Bd. II. S. 536 ff.), an Raphael, fondern, dem veränderten
DitaiilnsUfs Zeitgeifl entfprechend, an den römifchen Naturaliflen M. A. da Caravaggio
(oben S. 172 ff.) anfchloffen; auf dem Gebiete der Landfchaftsmalerei neben
Der Einflufs dem Einflüffe der römifchen aber auch denjenigen der Antwerpener Schule,
welche fchon in der Uebergangzeit Meifler wie Roelandt Savery (oben S. 402),
Ad. Willaerts (oben S. 404) und Al. Kerrincx (oben S. 403) als Sendboten
ihrer eigenen Richtung an Holland, und zwar vorzugsweife an Utrecht, abgegeben
hatte. Das Ergebnifs war, dafs die Utrechter Schule fich eine gewiffe akademifche
Kälte und Glätte, wie fie fogar der Nachahmung Caravaggio’s anhaftet, bewahrte,
und dafs ihre Meifler, fo berühmt manche von ihnen waren und find, der
Nachwelt im Vorhofe des nationalen Heiligthums holländifcher Kunft flehen
Die geblieben zu fein fcheinen. In der That ift ihre Formenfprache in der Regel
Formen- abfichtlich, aufdringlich oder geziert, ihre Farbengebung, in welcher fich eine
Vorliebe für ein leuchtendes Gelb bemerkbar macht, verhältnifsmäfsig kalt und
1) Die gefchilderten Richtungen der holländifchen Kunft, einfchliefslich der nur erft vorübergehend
geftreiften kälteren akademifchen Nebenrichtung, entwickelten fich in den Schulen der verfchiedenen
Städte, welche in lebendiger WechfelWirkung zu einander ftanden, in ziemlich gleichmäfsiger und doch
auch merklich unterfchiedener Weife. Die verfchiedenen Schulen als folche von einander zu fondern,
war bisher kaum möglich, weil weder die in den verfchiedenen Städten angeftellten Urkundenforfchungen
noch die vergleichende Bilderforfchung weit genug gediehen waren, um eine folche Gliederung des
Stoffes vorzunehmen Die Ergebniffe aber, welche in den letzten fünf Jahren durch unermüdliche
Forfcher auf beiden Gebieten gewonnen worden find, lafsen heute eine Eintheilung des gefammten Stoffes
der Gefchichte der holländifchen Malerei nach Schulen bereits möglich erfcheinen; und die Möglichkeit
wird hier fofort zu einer Nothwendigkeit, der auch wir uns im Folgenden nicht zu entziehen vermögen.
2) Corn. Booth; Befchrijving von Utrecht. Utrecht 1648. — S. Muller: Schildersvereenigingen
te Utrecht. Utrecht 1880. — A. D. de Vries en A. Bredius: Catalogus der Schilderijen in het
Mufeum Kunftliefde te Utrecht. Utrecht 1885. — Dazu H. Kiegel, Beiträge II (1882) S. 161 —192
und PF. Bode: Holländifche Naturaliften unter dem Einflufse des Caravaggio in »Graphifche Künfte«
IX, Wien 1887. S. 73—77.)
 
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