Die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts. B. Die Haarlemer Schule.
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auch nicht einmal feinem Stoffgebiete nach italifirter Haarlemer Künftler ge-
nannt werden, der nicht nur auf die nordifche, fondern auch auf die italienifche
Kunft einen tiefgreifenden Einflufs gehabt hat: Pieter van Laer ’), der kleine
Meifter, welcher in Rom den Beinamen »Bamboccio« empfing und dadurch,
wie es heifst, der ganzen Klaffe der von ihm zuerft gemalten italienifchen
Volksftücke den Namen »Bambocciate« verfchaffte. Gegen 1590 zu Haarlem1 2) Sein Leben,
geboren, lebte er 1623—1639 in Rom3), kehrte dann nach Haarlem zurück,
wo er fich nach Einigen um 1644 in einem Anfalle von Schwermuth das Leben
genommen haben foll, während datirte Handzeichnungen des Meifters4) beweifen,
dafs er erft nach 1658 geftorben ift. Pieter van Laer war der erfte, welcher Bedeutung,
das italienifche Volksleben in den Strafsen und vor den Thoren der ewigen
Stadt mit nordifchem Künftlerauge betrachtete, ihm feine malerifchen Seiten
abgewann und es ziemlich kleinfigurig vor reich entwickeltem Hintergründe
mit kräftiger Technik auf die Fläche zu bannen verftand. Im Helldunkel und
in den kecken Lichtwirkungen ift auch er wahrfcheinlich durch Elsheimer Seine Art.
beeinflufst worden. Im Uebrigen aber ging er feine eigenen Wege. Das
»Idealifiren« und »Stilifiren« war feine Sache nicht. Eher neigte er zu einer
burlesken Auffaffung feiner Vorwürfe; im Ganzen aber hatte er ficher keine
andere Abficht, als feine Bilder aus dem italienifchen Volksleben möglichfl
lebenswahr und fchlicht wiederzugeben. Seiner Auffaffung und feiner Technik
nach ift er dabei trotz einer gewiffen Glätte der Behandlung eher derb als fein
zu nennen; und die Nachdunkelung, die viele feiner Bilder erlitten haben, läfst
fie fchwer im Ton erfcheinen; aber das mannichfaltige und frifche Leben,
welches fich in ihnen wiederfpiegelt, verleiht ihnen doch einen bleibenden Reiz;
aus der Entwickelungsgefchichte der Malerei des 17. Jahrhunderts läfst Pieter
van Laer fich kaum wegdenken.
Bezeichnete und datirte Bilder feiner Hand find fehr feiten. Unzweifelhaft Seine Bilder
echt ift, abgefehen von den ziemlich zahlreichen Bezeichnungen feiner Hand-
zeichnungen, wohl nur feine Namensinfchrift neben der Jahreszahl 1635 auf
dem Bilde des Schweriner Mufeums, welches eine Schmiede in einer römifchen in Schwerin,
Ruine darftellt5 *). Aber feine unbezeichneten Bilder find in der Regel charak-
teriftifch genug, um unverkennbar zu fein. In Italien kann man Pieter van Laer in
den Uffizien und im Pal. Corfini zu Florenz einigermafsen kennen lernen. In Frank- in Florenz,
reich ift er wenigflens im Louvre mit zwei Bildchen vertreten, von denen das in Paris,
eine eine Hirtenfcene, das andere eine Abreife vom Gafthaufe darftellt. Faft alle
feine Hauptbilder aber befitzen die deutfchen und öfterreichifchen Sammlungen: inI1In)desddeen11
vier Bilder feiner charakteriflifchften Art die Dresdener Galerie (Fig. 5 57), o übri§en
0 . Sammlungen
ihrer drei die Caffeler Galerie, ihrer zwei die Münchener Pinakothek; ein Deutfeh-
lands und
zweites, aufser dem fchon genannten, das Schweriner Mufeum. In Wien jedoch Oefterreichs.
1) Sandrart, Teutfche Akademie II, S. 311. — Riegel, Beiträge II, S. 315—318.
2) Nicht zu Laaren bei Naarden. Vgl. Th. Schrevelius a. a. O. und Kranun p. 926—929.
3) Vgl. auch Bertolotti: Artisti belgi ed olandesi in Roma, Firenze 1880, p. 119—124; 128 bis
138. Hiernach ift er 1631—1637 in Rom nachweisbar.
4) Von 1658 im Berliner Mufeum.
5) Mindeftens zweifelhaft dagegen die Bezeichnungen auf Bildern in den Sammlungen zu Augs-
burg, Braunfchweig, Oldenburg, Darmftadt und Prag (Rudolphinum).
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auch nicht einmal feinem Stoffgebiete nach italifirter Haarlemer Künftler ge-
nannt werden, der nicht nur auf die nordifche, fondern auch auf die italienifche
Kunft einen tiefgreifenden Einflufs gehabt hat: Pieter van Laer ’), der kleine
Meifter, welcher in Rom den Beinamen »Bamboccio« empfing und dadurch,
wie es heifst, der ganzen Klaffe der von ihm zuerft gemalten italienifchen
Volksftücke den Namen »Bambocciate« verfchaffte. Gegen 1590 zu Haarlem1 2) Sein Leben,
geboren, lebte er 1623—1639 in Rom3), kehrte dann nach Haarlem zurück,
wo er fich nach Einigen um 1644 in einem Anfalle von Schwermuth das Leben
genommen haben foll, während datirte Handzeichnungen des Meifters4) beweifen,
dafs er erft nach 1658 geftorben ift. Pieter van Laer war der erfte, welcher Bedeutung,
das italienifche Volksleben in den Strafsen und vor den Thoren der ewigen
Stadt mit nordifchem Künftlerauge betrachtete, ihm feine malerifchen Seiten
abgewann und es ziemlich kleinfigurig vor reich entwickeltem Hintergründe
mit kräftiger Technik auf die Fläche zu bannen verftand. Im Helldunkel und
in den kecken Lichtwirkungen ift auch er wahrfcheinlich durch Elsheimer Seine Art.
beeinflufst worden. Im Uebrigen aber ging er feine eigenen Wege. Das
»Idealifiren« und »Stilifiren« war feine Sache nicht. Eher neigte er zu einer
burlesken Auffaffung feiner Vorwürfe; im Ganzen aber hatte er ficher keine
andere Abficht, als feine Bilder aus dem italienifchen Volksleben möglichfl
lebenswahr und fchlicht wiederzugeben. Seiner Auffaffung und feiner Technik
nach ift er dabei trotz einer gewiffen Glätte der Behandlung eher derb als fein
zu nennen; und die Nachdunkelung, die viele feiner Bilder erlitten haben, läfst
fie fchwer im Ton erfcheinen; aber das mannichfaltige und frifche Leben,
welches fich in ihnen wiederfpiegelt, verleiht ihnen doch einen bleibenden Reiz;
aus der Entwickelungsgefchichte der Malerei des 17. Jahrhunderts läfst Pieter
van Laer fich kaum wegdenken.
Bezeichnete und datirte Bilder feiner Hand find fehr feiten. Unzweifelhaft Seine Bilder
echt ift, abgefehen von den ziemlich zahlreichen Bezeichnungen feiner Hand-
zeichnungen, wohl nur feine Namensinfchrift neben der Jahreszahl 1635 auf
dem Bilde des Schweriner Mufeums, welches eine Schmiede in einer römifchen in Schwerin,
Ruine darftellt5 *). Aber feine unbezeichneten Bilder find in der Regel charak-
teriftifch genug, um unverkennbar zu fein. In Italien kann man Pieter van Laer in
den Uffizien und im Pal. Corfini zu Florenz einigermafsen kennen lernen. In Frank- in Florenz,
reich ift er wenigflens im Louvre mit zwei Bildchen vertreten, von denen das in Paris,
eine eine Hirtenfcene, das andere eine Abreife vom Gafthaufe darftellt. Faft alle
feine Hauptbilder aber befitzen die deutfchen und öfterreichifchen Sammlungen: inI1In)desddeen11
vier Bilder feiner charakteriflifchften Art die Dresdener Galerie (Fig. 5 57), o übri§en
0 . Sammlungen
ihrer drei die Caffeler Galerie, ihrer zwei die Münchener Pinakothek; ein Deutfeh-
lands und
zweites, aufser dem fchon genannten, das Schweriner Mufeum. In Wien jedoch Oefterreichs.
1) Sandrart, Teutfche Akademie II, S. 311. — Riegel, Beiträge II, S. 315—318.
2) Nicht zu Laaren bei Naarden. Vgl. Th. Schrevelius a. a. O. und Kranun p. 926—929.
3) Vgl. auch Bertolotti: Artisti belgi ed olandesi in Roma, Firenze 1880, p. 119—124; 128 bis
138. Hiernach ift er 1631—1637 in Rom nachweisbar.
4) Von 1658 im Berliner Mufeum.
5) Mindeftens zweifelhaft dagegen die Bezeichnungen auf Bildern in den Sammlungen zu Augs-
burg, Braunfchweig, Oldenburg, Darmftadt und Prag (Rudolphinum).