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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0064
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592

Sechstes Buch. II. Abtheilung. Zweiter Abfchnitt.

Seine Natürlich hätte Frans Hals nicht die Nachwelt wie die Mitwelt durch die
Malweife. . . . , ,.
Lebenswahrheit und Lebensluft feiner Gehalten hinreifsen können, wenn er die
technifchen Mittel der Malerei nicht aufsergewöhnlich beherrfcht hätte. Gerade
durch die Freiheit und Breite feiner Vortrags weife wufste er die aufserordent-
lichften Wirkungen zu erzielen, gerade in feiner Technik lag ein Hauptflück
feiner bahnbrechenden Bedeutung gegenüber der glatten oder harten Vortrags-
weife feiner meiften holländifchen Vorgänger. In feiner beften Zeit legte er
feine Bilder zwar noch feftverfchmolzen an, vollendete fie dann aber mit jenen
fichtbar flehen bleibenden Einzelpinfelhrichen, die charakteriflifch für feine
Malweife find. Er felbh pflegte zu fagen, wenn er feine Bilder bis auf diefe
äufseren, kecken, frifchen, ftets ganz am richtigen Platze fitzenden Pinfelhriche
vollendet hatte: »Nun mufs noch das Merkmal des Meiflers hinein.« ])
Seine Stil- Indeffen laffen fleh innerhalb feiner langen Künfllerlaufbahn doch verfchie-
Wandlungen. °
dene Wandlungen in feiner Vortragsweife und in dem Grundton feiner Farben-
flirnmung wahrnehmen. In feinen frühen Bildern modellirt er härter, plaftifcher,
glatter verfchmelzend und hüllt er feine Gehalten in einen wärmeren, gold-
brauneren Ton, als in den Bildern feiner reifhen mittleren Zeit, in denen feine
fchon gefchilderte Mal weife einem zwar die Einzelfarben feinfühlig berechnenden
aber im Ganzen kühlen, blonden oder felbh grauen Gefammttone zu gute
kommt, der in der Regel von gleichmäfsigem klaren Tageslichte getragen wird
und nur vorübergehend einmal an Rembrandt’fches Helldunkel mahnt, um dann all-
mählich zu erbleichen und zu verglühen. In feinem Alter wurde der Meiher,
indem er auch die verfchmelzende Untermalung fallen liefs, immer breiter, all-
mählich fo breit, dafs feine Bilder, von Nahem gefehen, fleckig und unvollendet
erfcheinen und nur für die Wirkung aus einiger Ferne einen malerifch gefchlof-
fenen Eindruck machen; und gleichzeitig löfen feine Sonderfarben fich immer mehr
in Ton auf, wird die Färbung feiner Bilder immer eintöniger, immer grauer, immer
trüber. Das Alter des einfl fo lebensluftigen Künhlers war eben einfam und
öde geworden; und Bode1 2) fagt hübfeh; »wie feine Mitmenfchen ihm felbh nur
das Nothdürftighe zum Leben verabfolgten, fo bewilligt der achtzigjährige Greis
den Gehalten in feinen letzten Gemälden auch gerade nur fo viel Zeichnung,
fo viel Farbe, um fie als Menfchen, als lebendige Menfchen erfcheinen zu laffen.«
T Sein Sein Lebenslauf ih übrigens in wenigen Worten erzählt. Von Haar-
Lebenslauf. . ° °
lemer Eltern in Antwerpen um 1580 oder einige Jahre fpäter geboren3 4},
kehrte er fchon als Knabe in die Stadt feiner Väter zurück und
wurde hier Schüler Karel van Manders (oben S. 83), deffen Richtung
er jedoch bald aufgab, um ganz der Natur und feinem eigenen Triebe
zu folgen. Urkundlich *) ih er erh feit 1611 in Haarlem nachweisbar; in diefem
Jahre wurde ihm ein Sohn aus feiner erhen Ehe geboren; feine Gattin harb
1616; 1617 verheirathete er fich zum zweiten Male. Als Mitglied der Haar-
lemer Rhetorikergefellfchaft »de Wijngaardranken« wird er 1617 und 1618 ge-
nannt; 1644 gehörte er zum Vorhände der Haarlemer Maler-Gilde; 1661 wurde
1) Houbraken ed. 1753 I. p. 92: »Nu moet er het Kennelyke van den meefter noch in«.
2) Studien S. 76.
3) Houbraken ed. 1753, p. 95. — In der Regel wird 1584 angegeben.
4) Van der Willigen a. a. O. p. 141.
 
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