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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0225
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Die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts. C. Die Amfterdamer Schule.

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in der National Gallery zu London, fo mufs nachdrücklich!! darauf hingewiefen
werden, dafs die dritte Stelle diefer Zahl nicht lesbar ift. Sie könnte ebenfo-
gut 1669 wie 1689 gelefen werden. Bei Herrn Conful Weber in Hamburg
befindet fich aber auch noch eine »Waffermühle« mit der Jahreszahl 1670x).
Andererfeits find die Bilder aus den fünfziger Jahren, die ihm z. B. in den
Mufeen von Edinburg und von Grenoble zugefchrieben und von einigen als
kältere, härtere Jugendwerke des Meifters angefehen werden, keineswegs ganz
frei von dem Verdachte, Fälfchungen zu fein, wie denn bei den Preifen, die
für Bilder des Meifters gezahlt worden, die Fälfchungen auf feinen Namen in
England, Belgien und Frankreich fchwungvoll betrieben worden find. Laffen
wir auch diefe Werke bei Seite, fo flehen wir einer grofsen, ziemlich gleich-
artigen Maffe von Bildern des Meifters gegenüber, die faft alle mit feinem ^®ll^ee.r
Namen, nur in kleiner Minderzahl auch mit Jahreszahlen bezeichnet, in dem wohnlichen
letzteren Falle aber von der erwähnten Ausnahme abgefehen, alle aus den
fechziger Jahren datirt find. Wodurch nun haben diefe Bilder, welche von den
Zeitgenoffen des Meifters kaum beachtet wurden (Houbraken nennt Hobbema
gar nicht), es wohl dahin gebracht, von der Mode unferes Jahrhunderts fogar
denen des Ruisdael vorgezogen zu werden ? Ein grofser Reiz der Landfchaften
Hobbemas liegt zunächft in der waldigen Naturfrifche der Gegenden, welche
fie darftellen, und in der glücklichen Wahl befonders malerifcher Motive aus
diefen Gegenden. Ihr Hauptreiz liegt aber natürlich in der künftlerifchenIhr Reiz>
Auffaffung und malerifchen Behandlung diefer Motive. Das Licht ift dabei
auch für Hobbema das Leben und Poefie verleihende Element. Heller’Sonnen-
fchein pflegt befonders die Mittelgründe und Hintergründe feiner Landfchaften
zu verklären, oft aber auch die ganzen Baumwipfel der Vordergründe zu durch-
zittern und zu durchglühn. Hobbema malt breit und kräftig; fein »Baumfchlag« ^aiw^fe5
ift körniger und bufchiger, aber weniger naiv-naturwahr und feinfühlig, als der-
jenige Ruisdaels. Seine Färbung hat noch mehr Gefammtflimmung, aber weniger
Zartheit und Natürlichkeit als diejenige Ruisdaels. Sie ift in ihrem Olivengrün-
Braun derjenigen Lootens verwandt, fteigert fich in den beflen Bildern der
beften Zeit des Meifters aber zu einem faftigen, leuchtenden, an Rembrandt
erinnernden Goldbraun. Alles in allem kann man Hobbema vielleicht kecker, ^Ru^daei
flotter, kräftiger nennen als Ruisdael. An Feinheit und Naturwahrheit einerfeits, verghchen-
an tief innerlicher Poefie andererfeits aber erreicht er fein Vorbild niemals.
Ihn über Ruisdael ftellen kann ficher nur eine vorübergehende Mode. Ein
wirklich grofser Meifter aber bleibt er für alle Zukunft.
Ueber feine Bilder werden wir uns am beften nach Mafsgabe ihres gegen-
wärtigen Aufbewahrungsorts einen Ueberblick verfchaffen. Auf dem europäifchen
Feftland find fie ziemlich fpärlich gefät. Für echt hält der Verfaffer von ihm ^Meifters
bekannten Bildern in Holland nur die ruhige, feine rothdachige »Waffermühle« in Holland>
unter Bäumen im Amfterdamer Reichsmufeum, die in fein goldbraunem Sonnen-
licht glühende »Waffermühle« der Sammlung van der Hoop (nicht das kleinere
Bild diefer Sammlung), das »Dorf unter Eichbäumen« in der Sammlung Six
zu Amfterdam1 2) und die beiden guten Bilder des Rotterdamer Mufeums; in
1) Vgl. A. Bredius in der Kunftchronik 1886 S. 476.
2) Auch wohl das Bild in der Sammlung Steengracht des Haag.
Gefchichte d. Malerei. III. 4&
 
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