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Sechstes Buch. II. Abtheilung. Zweiter Abfchnitt.
humaine« berühmte finnreich-finnbildliche Wirthshausbild, hier das grofse Familien-
bild des Meifters felbft, welches, wie das Dresdener Familienbild feines Lehrers
Knüpfer (oben S. 568), zugleich eine Darftellung des Sprichwortes ift »Wie
die Alten fungen, fo pfeifen die Jungen«, hier endlich zwei vortrefflich durch-
geführte und tief einheitlich geflimmte Varianten des bekannten Themas:
»Hier hilft kein Doktortrank; fie ift an Liebe krank«. — Auch des Meifters
Rotterdam, »St. Nikolasfeft« und »der eingebildete Kranke« im Rotterdamer Mufeum find
Antwerpen recht gute Beifpiele feiner Kunft. — Von feinen Bildern im Antwerpener Mufeum
mufs die reich componirte Darftellung »Samfon unter den Philiftern« genannt
werden, von feinen vier Bildern im Brüffeler Mufeum das farkaftifch gedachte,
lebendig angeordnete, gut durchgearbeitete, kräftig gefärbte Bild, welches das
(Louvre)S Treiben der »Rhetoriker« lächerlich macht. — Im Louvre zu Paris ift Jan Steen
mit feiner fpätern »Luftbarkeit im Bauernwirthshaus« und mit dem »Familien-
mahl« der Sammlung Lacaze nicht befonders gut vertreten, beffer z. B. im
Montpellier, Mufeum zu Montpellier mit der »fröhlichen Gefellfchaft« und im Mufeum zu
in Lilie, Lille mit dem »Bierfiedler« von 1670. Der »Marchand d’oublies« im Mufeum
in Rouen, zU Rouen ift wichtig, weil er die Jahreszahl 1678 trägt, alfo kurz vor dem
Tode des Meifters gemalt fein mufs. — Jan Steens fchönftes Gemälde in Deutfch-
'fthweig1,'land ift »der Ehecontract« des Braunfeh weiger Mufeums: fcharf in der Charak-
teriftik, lebendig in der Zeichnung, warm in der Färbung; höchftens »das
in Caffei, Bohnenfeft« von 1668 in der Caffeler Galerie könnte ihm den Rang ftreitig
machen; auch »die kranke Frau« und die »Bauernfehlägerei« von 1664 in der
in München. Münchener Pinakothek find gute Bilder des Meifters. Weniger anziehend find
in Dresden, feine Bilder der Dresdener Galerie: die »Mutter mit dem Kinde«, die »Hoch-
zeit zu Cana« und »die Verftofsung der Hagar«, wenngleich die letztere fowohl
durch ihre Gröfse, als durch ihren Humor und den Reiz ihrer Färbung hervor-
in Berlin, ragt. Auch das Berliner Mufeum befitzt, aufser einem guten »Wirthshausgarten«,
in feinem »Streit beim Spiel« ein wirkfames Bild des Meifters mit ungewöhnlich
’d Öfchen Sro^sen Figuren. Uebrigens fehlt Jan Steen weder in den kleineren deutfehen
Samm- Sammlungen, wie denjenigen zu Frankfurt a. M., Karlsruhe, Oldenburg, Deffau,
noch auch in den öfterreichifch-ungarifchen Galerien, wie denn fein »Liederliches
in Wien, Leben« in der kaiferlichen Galerie zu Wien und feine »Luftige Gefellfchaft«
in Peft, in der Pefter Galerie Hauptbilder feiner Hand find, noch auch in den nordifchen
Stockholm, Sammlungen zu Stockholm, Kopenhagen und St. Petersburg. In der Ermitage
'"hagem" der letzteren Stadt ift er mit acht Bildern fogar mit am vorzüglichften ver-
inSw^e’s treten. Berühmt ift von ihnen z. B. »die Hochzeit« mit der jungen Braut und
dem alten Bräutigam; freilich nur feiner farkaftifchen Spitze wegen; denn feiner
Durchführung nach gehört es zu den nachläffigften Bildern des Meifters; zu
feinen beften dagegen gehören »die Triktrakfpieler«, »das zechende Pärchen«,
»der kranke Greis« und das »Maifeft« (»der Liebesgarten«); auch das Peters-
burger biblifche Bild des Meifters »Efther vor Ahasver« ift fo reich in der
Anordnung und der Färbung, dafs es als eins der beften Bilder diefer Art
bezeichnet werden mufs, die er gemalt hat. Endlich — laft not leaft —
kommen die englifchen Sammlungen in hervorragender Weife für den Meifter
in London, in Betracht. »Die Mufikftunde« der Londoner National-Gallery ift ein gutes,
wenn auch eins feiner zahmften Bilder. Ein Bild von feltenftem Farbenreiz ift
Sechstes Buch. II. Abtheilung. Zweiter Abfchnitt.
humaine« berühmte finnreich-finnbildliche Wirthshausbild, hier das grofse Familien-
bild des Meifters felbft, welches, wie das Dresdener Familienbild feines Lehrers
Knüpfer (oben S. 568), zugleich eine Darftellung des Sprichwortes ift »Wie
die Alten fungen, fo pfeifen die Jungen«, hier endlich zwei vortrefflich durch-
geführte und tief einheitlich geflimmte Varianten des bekannten Themas:
»Hier hilft kein Doktortrank; fie ift an Liebe krank«. — Auch des Meifters
Rotterdam, »St. Nikolasfeft« und »der eingebildete Kranke« im Rotterdamer Mufeum find
Antwerpen recht gute Beifpiele feiner Kunft. — Von feinen Bildern im Antwerpener Mufeum
mufs die reich componirte Darftellung »Samfon unter den Philiftern« genannt
werden, von feinen vier Bildern im Brüffeler Mufeum das farkaftifch gedachte,
lebendig angeordnete, gut durchgearbeitete, kräftig gefärbte Bild, welches das
(Louvre)S Treiben der »Rhetoriker« lächerlich macht. — Im Louvre zu Paris ift Jan Steen
mit feiner fpätern »Luftbarkeit im Bauernwirthshaus« und mit dem »Familien-
mahl« der Sammlung Lacaze nicht befonders gut vertreten, beffer z. B. im
Montpellier, Mufeum zu Montpellier mit der »fröhlichen Gefellfchaft« und im Mufeum zu
in Lilie, Lille mit dem »Bierfiedler« von 1670. Der »Marchand d’oublies« im Mufeum
in Rouen, zU Rouen ift wichtig, weil er die Jahreszahl 1678 trägt, alfo kurz vor dem
Tode des Meifters gemalt fein mufs. — Jan Steens fchönftes Gemälde in Deutfch-
'fthweig1,'land ift »der Ehecontract« des Braunfeh weiger Mufeums: fcharf in der Charak-
teriftik, lebendig in der Zeichnung, warm in der Färbung; höchftens »das
in Caffei, Bohnenfeft« von 1668 in der Caffeler Galerie könnte ihm den Rang ftreitig
machen; auch »die kranke Frau« und die »Bauernfehlägerei« von 1664 in der
in München. Münchener Pinakothek find gute Bilder des Meifters. Weniger anziehend find
in Dresden, feine Bilder der Dresdener Galerie: die »Mutter mit dem Kinde«, die »Hoch-
zeit zu Cana« und »die Verftofsung der Hagar«, wenngleich die letztere fowohl
durch ihre Gröfse, als durch ihren Humor und den Reiz ihrer Färbung hervor-
in Berlin, ragt. Auch das Berliner Mufeum befitzt, aufser einem guten »Wirthshausgarten«,
in feinem »Streit beim Spiel« ein wirkfames Bild des Meifters mit ungewöhnlich
’d Öfchen Sro^sen Figuren. Uebrigens fehlt Jan Steen weder in den kleineren deutfehen
Samm- Sammlungen, wie denjenigen zu Frankfurt a. M., Karlsruhe, Oldenburg, Deffau,
noch auch in den öfterreichifch-ungarifchen Galerien, wie denn fein »Liederliches
in Wien, Leben« in der kaiferlichen Galerie zu Wien und feine »Luftige Gefellfchaft«
in Peft, in der Pefter Galerie Hauptbilder feiner Hand find, noch auch in den nordifchen
Stockholm, Sammlungen zu Stockholm, Kopenhagen und St. Petersburg. In der Ermitage
'"hagem" der letzteren Stadt ift er mit acht Bildern fogar mit am vorzüglichften ver-
inSw^e’s treten. Berühmt ift von ihnen z. B. »die Hochzeit« mit der jungen Braut und
dem alten Bräutigam; freilich nur feiner farkaftifchen Spitze wegen; denn feiner
Durchführung nach gehört es zu den nachläffigften Bildern des Meifters; zu
feinen beften dagegen gehören »die Triktrakfpieler«, »das zechende Pärchen«,
»der kranke Greis« und das »Maifeft« (»der Liebesgarten«); auch das Peters-
burger biblifche Bild des Meifters »Efther vor Ahasver« ift fo reich in der
Anordnung und der Färbung, dafs es als eins der beften Bilder diefer Art
bezeichnet werden mufs, die er gemalt hat. Endlich — laft not leaft —
kommen die englifchen Sammlungen in hervorragender Weife für den Meifter
in London, in Betracht. »Die Mufikftunde« der Londoner National-Gallery ift ein gutes,
wenn auch eins feiner zahmften Bilder. Ein Bild von feltenftem Farbenreiz ift