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Siebentes Buch. Sechster Abfchnitt.
Seine
malerifchen
Eigen-
schaften.
Sein Eklek-
ticismus.
werden, von feltener Saftigkeit, Frifche, Tiefe und Leuchtkraft, fein Helldunkel,
ohne jemals, wie das Rembrandt’fche, zum Hauptträger des malerifchen Ge-
dankens zu werden, von feltener Feinheit, Zartheit, Wärme und Lebendigkeit.
Als Eklektiker erfcheint er hauptfächlich in feinen der Mythologie, der Dicht-
kunft, der biblifchen Gefchichte oder der Phantafie entlehnten Bildern. In
feinen Bildniffen aber war er denn doch durch die Natur der Aufgabe viel zu
fehr auf eigene Beobachtung angewiefen, als dafs fein Eklekticismus ihn hier
mit der Bläffe des Gedankens anzukränkeln vermocht hätte. Allerdings liegt
etwas Gedankenhaftes auch hier in feiner dem Zeitgefchmacke entfprechenden
Neigung, die Perfönlichkeiten, welche ihm fafsen, in mythologifcher, gefchicht-
licher oder fittenbildlicher Maske darzuftellen. Aber einerfeits verfuhr er, wenn
ihm geftattet war, diefer Neigung nachzugeben, mit fo viel Einficht und Ge-
fchmack, wie kaum ein zweiter Meifter, andererfeits waren die meiden feiner
Seine
Bildnifle
Sein künft-
lerifches
Empfinden.
in der
National
Gallery zu
London,
in anderen
Londoner
Sammlungen,
zu Dulwich,
Hampton
Court,
Windfor
Caftle,
imenglifchen
Privatbefitz.
Selbftbildnifs mit der Brille und das grofsartige Bildnifs des Lord
des Vertheidigers von Gibraltar, mit dem Schlüffel der Feftung in
vielleicht die anziehendflen find. Ihrer vier befitzt die National
Eldinburg; auch im South Kenfington Mufeum und im Foundling-
Landsleute doch zu realiftifch angelegt, um fich derartige Scherze gefallen zu
laßen; und gerade in Reynolds’ Bildniffen der natürlicheren Art geht fein an-
erzogener Idealismus mit dem Realismus des Faches eine Verbindung von
höchft anziehenden Ergebniffen ein; immer fucht er das innere Wefen der dar-
geflehten Perfönlichkeiten, immer aber fucht er es, im vollen Gegenfatze zu
Hogarth, von feiner beflen und anfprechendften Seite zu erfaffen, immer weifs
er durch die Haltung, durch die Umgebung, durch den Ausdruck und durch
das niemals kleinliche Beiwerk die Lebensftellung und den perfönlichen Cha-
rakter des Dargeflellten in grofsen Zügen zum Ausdruck zu bringen. Wie
viel unmittelbare, naiv künftlerifche Empfindung ihm auch trotz aller Reflexion,
in die er fich hineingegrübelt hatte, zu Gebote fland, zeigen vor allen Dingen
feine Kinderdarflellungen, die von entzückender Wahrheit, Schlichtheit und
Liebenswürdigkeit zu fein pflegen.
Aus der Fülle feiner einfachen Einzelbildniffe oder feiner Bildnifle vornehmer
Damen mit einem ihrer Kinder einige Hauptwerke herauszuheben, ift fchwer.
Die National Gallery zu London befitzt ihrer mehr denn ein Dutzend, von
denen fein
Heathfield,
der Hand,
in Edinburg, Gallery ZU
Hofpital zu London fleht man Reynolds’fche Bildnifle, je eins feiner Selbft-
bildniffe auch im Dulwich College und in der Royal Academy. Ebenfo ift der
Meifter in den königl. Sammlungen des Buckingham Palace, zu Hampton Court
und zu Windfor Caftle, befonders in der letzteren, mit fehenswerthen Einzel-
bildniffen vertreten. Die meiften aber befinden fich im englifchen Privatbefitz.
Befonders berühmt durch feine geiftige Charakteriftik ift z. B. dasjenige des
Lord Thurlow beim Marquis of Bath, befonders hervorragend durch feine zu-
gleich vornehme und mütterlich herzliche Haltung dasjenige der Giorgiana
Spencer, Herzogin von Devonfhire, mit ihrem Kinde, welches in zwei verfchie-
denen Exemplaren beim Duke of Devonfhire zu Chatham und beim Earl of
Spencer erhalten ift, befonders anziehend durch den Reiz geheimnifsvoll-füfser
Sinnlichkeit dasjenige der Nelly O’Bryan bei Sir Richard Wallace in London,
der überhaupt eine Reihe der fchönften Bildnifle des Meifters befitzt, z. B. noch
Siebentes Buch. Sechster Abfchnitt.
Seine
malerifchen
Eigen-
schaften.
Sein Eklek-
ticismus.
werden, von feltener Saftigkeit, Frifche, Tiefe und Leuchtkraft, fein Helldunkel,
ohne jemals, wie das Rembrandt’fche, zum Hauptträger des malerifchen Ge-
dankens zu werden, von feltener Feinheit, Zartheit, Wärme und Lebendigkeit.
Als Eklektiker erfcheint er hauptfächlich in feinen der Mythologie, der Dicht-
kunft, der biblifchen Gefchichte oder der Phantafie entlehnten Bildern. In
feinen Bildniffen aber war er denn doch durch die Natur der Aufgabe viel zu
fehr auf eigene Beobachtung angewiefen, als dafs fein Eklekticismus ihn hier
mit der Bläffe des Gedankens anzukränkeln vermocht hätte. Allerdings liegt
etwas Gedankenhaftes auch hier in feiner dem Zeitgefchmacke entfprechenden
Neigung, die Perfönlichkeiten, welche ihm fafsen, in mythologifcher, gefchicht-
licher oder fittenbildlicher Maske darzuftellen. Aber einerfeits verfuhr er, wenn
ihm geftattet war, diefer Neigung nachzugeben, mit fo viel Einficht und Ge-
fchmack, wie kaum ein zweiter Meifter, andererfeits waren die meiden feiner
Seine
Bildnifle
Sein künft-
lerifches
Empfinden.
in der
National
Gallery zu
London,
in anderen
Londoner
Sammlungen,
zu Dulwich,
Hampton
Court,
Windfor
Caftle,
imenglifchen
Privatbefitz.
Selbftbildnifs mit der Brille und das grofsartige Bildnifs des Lord
des Vertheidigers von Gibraltar, mit dem Schlüffel der Feftung in
vielleicht die anziehendflen find. Ihrer vier befitzt die National
Eldinburg; auch im South Kenfington Mufeum und im Foundling-
Landsleute doch zu realiftifch angelegt, um fich derartige Scherze gefallen zu
laßen; und gerade in Reynolds’ Bildniffen der natürlicheren Art geht fein an-
erzogener Idealismus mit dem Realismus des Faches eine Verbindung von
höchft anziehenden Ergebniffen ein; immer fucht er das innere Wefen der dar-
geflehten Perfönlichkeiten, immer aber fucht er es, im vollen Gegenfatze zu
Hogarth, von feiner beflen und anfprechendften Seite zu erfaffen, immer weifs
er durch die Haltung, durch die Umgebung, durch den Ausdruck und durch
das niemals kleinliche Beiwerk die Lebensftellung und den perfönlichen Cha-
rakter des Dargeflellten in grofsen Zügen zum Ausdruck zu bringen. Wie
viel unmittelbare, naiv künftlerifche Empfindung ihm auch trotz aller Reflexion,
in die er fich hineingegrübelt hatte, zu Gebote fland, zeigen vor allen Dingen
feine Kinderdarflellungen, die von entzückender Wahrheit, Schlichtheit und
Liebenswürdigkeit zu fein pflegen.
Aus der Fülle feiner einfachen Einzelbildniffe oder feiner Bildnifle vornehmer
Damen mit einem ihrer Kinder einige Hauptwerke herauszuheben, ift fchwer.
Die National Gallery zu London befitzt ihrer mehr denn ein Dutzend, von
denen fein
Heathfield,
der Hand,
in Edinburg, Gallery ZU
Hofpital zu London fleht man Reynolds’fche Bildnifle, je eins feiner Selbft-
bildniffe auch im Dulwich College und in der Royal Academy. Ebenfo ift der
Meifter in den königl. Sammlungen des Buckingham Palace, zu Hampton Court
und zu Windfor Caftle, befonders in der letzteren, mit fehenswerthen Einzel-
bildniffen vertreten. Die meiften aber befinden fich im englifchen Privatbefitz.
Befonders berühmt durch feine geiftige Charakteriftik ift z. B. dasjenige des
Lord Thurlow beim Marquis of Bath, befonders hervorragend durch feine zu-
gleich vornehme und mütterlich herzliche Haltung dasjenige der Giorgiana
Spencer, Herzogin von Devonfhire, mit ihrem Kinde, welches in zwei verfchie-
denen Exemplaren beim Duke of Devonfhire zu Chatham und beim Earl of
Spencer erhalten ift, befonders anziehend durch den Reiz geheimnifsvoll-füfser
Sinnlichkeit dasjenige der Nelly O’Bryan bei Sir Richard Wallace in London,
der überhaupt eine Reihe der fchönften Bildnifle des Meifters befitzt, z. B. noch