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Adlern aus Basaltsteiu ausgegräben wor-
den... [S.'|
Über Funde, die einige Tage später in
einem Brunnen südlich des Kastells ge-
macht wurden, berichten wir nach Nr. 200
des Taunusboten. Dieser Brunnen, welcher
schon 1873 entdeckt worden war, wurde
1874 etwa 2 m tief ausgegraben, konnte je-
doch damals wegen des stark zuströmenden
Wassers nicht tiefer ausgegraben werden.
Da in diesem Jahre das Erdreich ausser-
ordentlich trocken ist, gelang es ohne grosse
Schwierigkeiten, den Brunnen vollständig
bis auf den Felsen 9,50 m auszuräumen
Bei 8,00 m Tiefe fand man bearbeitetes,
mit Zapfenlöchern versehenes eichenes Holz-
werk, welches von dem Galgen über dem
Brunnen herrührte. Etwa 0,60 m tiefer
standen 4 gut erhaltene Schüsseln, die
obere von Kupfer, 2 Stück von gewöhn-
lichem Thon, die vierte von Terrasigillata
mit dem Töpfernamen PEIATVLIVS • F. —
Auf dem Boden des Brunnens, der daselbst
noch einen Dm. von 0,90 m hat und auf
einem starken eichenen Kost aufgemauert
ist, fanden sich gut erhaltene eiserne Werk-
zeuge, der Boden und verschiedene Dauben
eines Fässchens, ein hölzernes:Sclirifttäfel-
clien und zwei Bruchstücke eines solchen,
leider ohne daran haftendes Wachs u. ohne
Inschriften, ferner die etwas angebrannte
hölzerne Rolle, über welche das Zugseil
des Brunnens lief. Hier fanden sich aber
auch die äusserst seltenen Reste von Fuss-
bekleidung und zwar die wohlerhaltene
Sohle eines sandalenartigen Schuhes (Cre-
pida) für den linken Fuss, und ein Paar
Schuhe (Ccirbatinae), deren einer noch voll-
ständig erhalten ist; derselbe besteht aus
einem einzigen Stück Leder, aus welchem
verschiedene Zungen vorspringen, die zur
Befestigung der Spannriemen durchbrochen
sind. Die Schuhe sind für den linken wie
für den rechten Fuss genau nach der na-
türlichen Gestalt der Fusssohle zugeschnit-
ten. Deutlich ist der Eindruck des Ballens
und einzelner Zehen zu erkennen. Auch
ein Stückchen des Spannriemens ist noch
gefunden worden. Die Erhaltung dieses
Lederzeugs war eben nur unter den hier
vorliegenden Umständen, d. li. in dem stets
gleichmässig in Wasser stehenden Grunde
des Brunnens möglich.
120. Idstein, Wandgemälde. Nach einer Mit-
teilung des Rhein. Kuriers vom 24. Juli
entdeckte man in der schönen Kirche zu
Idstein bei Gelegenheit von Reparätür-
arbeiten höchst interessante Bilder aus
früher Zeit. An dem sog. Seminaristen-
sitze mussten Bänke, Fussboden und Wand-
bekleidung entfernt werden ; dadurch fand
man in der Aussenmauer eine Nische, deren
Hinterwand mit einem Gemälde geschmückt
ist, welches die Salbung Jesu nach der Ab-
nahme vom Kreuze darstellt. Johannes,
Maria, Maria Magdalena, Maria Jacobi und
Salome kuieen um den verblichenen Meister,
Maria Magd, hält einen Becher in der
Rechten, auf allen Gesichtern zeigt sich
Schmerz und Wemut. Die Namen der Dar-
gestellten befinden sich in schöner gothi-
scher Schrift über den Köpfen der betr.
Figuren. Das Gemälde ist auf die dünne
Mörtelschicht der Mauer aufgetragen, die
einzelnen Gestalten sind gut gezeichnet und
die Farben frisch erhalten. Auf jeder Seite
der Nische ist ein Portrait angebracht; das
eine stellt einen Bischof, das andere einen
Ordensgeistlichen dar. Der Berichterstatter
ist geneigt das Freskobild und die beiden
Porträts in das 14. Jh. zu setzen. Um 1330'
habe nämlich Graf Gerlacli von Nassau-
Idstein die bereits von seinem Vater, dem
König Adolf, geplante Stiftskirche erbauen
lassen; und so werde das erstere bald nach-
her angefertigt sein; von den beiden Por-
träts aber möge der Bischof einen der
Mainzer Erzbischöfe des 14. Jhs. aus dem
Hause Nassau, Gerlacli oder Adolf I, dar-
stellen. — Später hat eine genauere Unter-
suchung das Resultat ergeben, dass das
Bild an der linken Seite der Nische nicht
das eines Geistlichen, sondern eines ge-
harnischten Ritters in mehr als halber Fi-
gur ist. Das Colorit der Rüstung ist ziem-
lich verblasst, nur der rechte Arm ist gut
erhalten, ebenso der Kopf, welcher Glatze
und dunkelblonden geteilten Vollbart zeigt.
Er stimmt genau mit dem des Grafen
Philipp des Altherrn (f 1558), welcher an
seiner Portraitfigur auf seinem Epitaph in
hiesiger Kirche erhalten ist; so ist kein
Zweifel, dass wir hier das Portrait des
Altherrn Philipp vor uns haben. Die An-
fertigung mag: um 1519 erfolgt sein, in
welchem Jahre die Kirche auch einen neuen
Hochaltar erhielt. Die Figur an der rech-
ten Seite trägt die Dalmatika, unter der-
selben ein anscheinend grünes Unterkleid;
die kräftigen Züge zeigen einen Mann in
den mittleren Jahren, mit langem Haupt-
haar und rötlich blondem gestutztem Voll-
bart; die Kopfbedeckung bildet eine dem
Kurhute ähnliche, mit Pelz (Hermelin?) aus-
gesclilagene Mütze. Möglicher Weise soll
dieses Porträt den König Adolph (f 1298),
nicht einen Erzbischof, darstellen.
Chronik.
Der Ver. f. Hessische Gesch. und Landes-121.
künde feierte Mitte August zu Kassel sein
SOjähriges Bestehen.
Mainz. Die grossartige Krcuzigungs- 122.
gruppe auf dem ehemaligen Ignazkirchhof
an der Nordseite der Kirche wird augen-
blicklich einer durchgreifenden Herstellung
unterzogen. Die aus überlebensgrossen
Figuren bestehende Gruppe'ist inschriftlich
durch Stiftung des Bildhauers Hanns Back-
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Adlern aus Basaltsteiu ausgegräben wor-
den... [S.'|
Über Funde, die einige Tage später in
einem Brunnen südlich des Kastells ge-
macht wurden, berichten wir nach Nr. 200
des Taunusboten. Dieser Brunnen, welcher
schon 1873 entdeckt worden war, wurde
1874 etwa 2 m tief ausgegraben, konnte je-
doch damals wegen des stark zuströmenden
Wassers nicht tiefer ausgegraben werden.
Da in diesem Jahre das Erdreich ausser-
ordentlich trocken ist, gelang es ohne grosse
Schwierigkeiten, den Brunnen vollständig
bis auf den Felsen 9,50 m auszuräumen
Bei 8,00 m Tiefe fand man bearbeitetes,
mit Zapfenlöchern versehenes eichenes Holz-
werk, welches von dem Galgen über dem
Brunnen herrührte. Etwa 0,60 m tiefer
standen 4 gut erhaltene Schüsseln, die
obere von Kupfer, 2 Stück von gewöhn-
lichem Thon, die vierte von Terrasigillata
mit dem Töpfernamen PEIATVLIVS • F. —
Auf dem Boden des Brunnens, der daselbst
noch einen Dm. von 0,90 m hat und auf
einem starken eichenen Kost aufgemauert
ist, fanden sich gut erhaltene eiserne Werk-
zeuge, der Boden und verschiedene Dauben
eines Fässchens, ein hölzernes:Sclirifttäfel-
clien und zwei Bruchstücke eines solchen,
leider ohne daran haftendes Wachs u. ohne
Inschriften, ferner die etwas angebrannte
hölzerne Rolle, über welche das Zugseil
des Brunnens lief. Hier fanden sich aber
auch die äusserst seltenen Reste von Fuss-
bekleidung und zwar die wohlerhaltene
Sohle eines sandalenartigen Schuhes (Cre-
pida) für den linken Fuss, und ein Paar
Schuhe (Ccirbatinae), deren einer noch voll-
ständig erhalten ist; derselbe besteht aus
einem einzigen Stück Leder, aus welchem
verschiedene Zungen vorspringen, die zur
Befestigung der Spannriemen durchbrochen
sind. Die Schuhe sind für den linken wie
für den rechten Fuss genau nach der na-
türlichen Gestalt der Fusssohle zugeschnit-
ten. Deutlich ist der Eindruck des Ballens
und einzelner Zehen zu erkennen. Auch
ein Stückchen des Spannriemens ist noch
gefunden worden. Die Erhaltung dieses
Lederzeugs war eben nur unter den hier
vorliegenden Umständen, d. li. in dem stets
gleichmässig in Wasser stehenden Grunde
des Brunnens möglich.
120. Idstein, Wandgemälde. Nach einer Mit-
teilung des Rhein. Kuriers vom 24. Juli
entdeckte man in der schönen Kirche zu
Idstein bei Gelegenheit von Reparätür-
arbeiten höchst interessante Bilder aus
früher Zeit. An dem sog. Seminaristen-
sitze mussten Bänke, Fussboden und Wand-
bekleidung entfernt werden ; dadurch fand
man in der Aussenmauer eine Nische, deren
Hinterwand mit einem Gemälde geschmückt
ist, welches die Salbung Jesu nach der Ab-
nahme vom Kreuze darstellt. Johannes,
Maria, Maria Magdalena, Maria Jacobi und
Salome kuieen um den verblichenen Meister,
Maria Magd, hält einen Becher in der
Rechten, auf allen Gesichtern zeigt sich
Schmerz und Wemut. Die Namen der Dar-
gestellten befinden sich in schöner gothi-
scher Schrift über den Köpfen der betr.
Figuren. Das Gemälde ist auf die dünne
Mörtelschicht der Mauer aufgetragen, die
einzelnen Gestalten sind gut gezeichnet und
die Farben frisch erhalten. Auf jeder Seite
der Nische ist ein Portrait angebracht; das
eine stellt einen Bischof, das andere einen
Ordensgeistlichen dar. Der Berichterstatter
ist geneigt das Freskobild und die beiden
Porträts in das 14. Jh. zu setzen. Um 1330'
habe nämlich Graf Gerlacli von Nassau-
Idstein die bereits von seinem Vater, dem
König Adolf, geplante Stiftskirche erbauen
lassen; und so werde das erstere bald nach-
her angefertigt sein; von den beiden Por-
träts aber möge der Bischof einen der
Mainzer Erzbischöfe des 14. Jhs. aus dem
Hause Nassau, Gerlacli oder Adolf I, dar-
stellen. — Später hat eine genauere Unter-
suchung das Resultat ergeben, dass das
Bild an der linken Seite der Nische nicht
das eines Geistlichen, sondern eines ge-
harnischten Ritters in mehr als halber Fi-
gur ist. Das Colorit der Rüstung ist ziem-
lich verblasst, nur der rechte Arm ist gut
erhalten, ebenso der Kopf, welcher Glatze
und dunkelblonden geteilten Vollbart zeigt.
Er stimmt genau mit dem des Grafen
Philipp des Altherrn (f 1558), welcher an
seiner Portraitfigur auf seinem Epitaph in
hiesiger Kirche erhalten ist; so ist kein
Zweifel, dass wir hier das Portrait des
Altherrn Philipp vor uns haben. Die An-
fertigung mag: um 1519 erfolgt sein, in
welchem Jahre die Kirche auch einen neuen
Hochaltar erhielt. Die Figur an der rech-
ten Seite trägt die Dalmatika, unter der-
selben ein anscheinend grünes Unterkleid;
die kräftigen Züge zeigen einen Mann in
den mittleren Jahren, mit langem Haupt-
haar und rötlich blondem gestutztem Voll-
bart; die Kopfbedeckung bildet eine dem
Kurhute ähnliche, mit Pelz (Hermelin?) aus-
gesclilagene Mütze. Möglicher Weise soll
dieses Porträt den König Adolph (f 1298),
nicht einen Erzbischof, darstellen.
Chronik.
Der Ver. f. Hessische Gesch. und Landes-121.
künde feierte Mitte August zu Kassel sein
SOjähriges Bestehen.
Mainz. Die grossartige Krcuzigungs- 122.
gruppe auf dem ehemaligen Ignazkirchhof
an der Nordseite der Kirche wird augen-
blicklich einer durchgreifenden Herstellung
unterzogen. Die aus überlebensgrossen
Figuren bestehende Gruppe'ist inschriftlich
durch Stiftung des Bildhauers Hanns Back-