131
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für Zwecke der Mauerung scharf ab’ge-
schnittenen Steines keine Aussicht melii-
vorhanden. [E. Wagner.]
147. Strassburg. Über das schon Korr. III,
133 erwähnte, kürzlich bei Königshofen
aufgefundene römische Grabmonument können
wir nach freundlichen, durch Prof. Michae-
lis übermittelten Angaben des Hm. Dom-
capitular Straub Folgendes mitteilen:
Das Monument ist unweit des Largen-
niussteins gefunden. Von der Umrahmung
des Inschriftsteins ist so viel erhalten, dass
man hoffen kann, das ganze Monument der
Hauptsache nach zu restaurieren. Das Ma-
terial ist sehr weich, daher die Inschrift-
platte in mehrere, z. T. kleine Stücke zer-
brochen ist. Eine schwerere Schädigung
hat nur die erste Zeile der zweiten Hälfte
erfahren. Die Inschrift lautet:
storbenen Soldaten angehören, hat alle Hr.
Straub entweder ausgegraben oder ge-
rettet. Diese drei sind auch insofern wert-
voll, als wir wenige so präeis datierte In-
schriftsteine von Soldaten der früheren
Kaiserzeit besitzen: sie fallen in die J. 9
bis 43 unserer Zeitrechnung. Dem entspricht
die streng schematische Fassung, die gleich-
massige Angabe der Tribus und der Hei-
mat, das Fehlen des Cognomen der Legion
bei allen, des Cognomen der Person bei
zweien, die italische Herkunft von dreien
— diese'sind aus Mailand, Alba Pompeia
und Luca gebürtig, der vierte ist ein
Lusitaner. Bemerkenswert ist noch, dass
diese Steine sämtlich der älteren Strass-
burger Legion angehören, während von der
späteren bis jetzt daselbst sehr wenige In-
schriftsteine zum Vorschein gekommen sind,
trotzdem die Epigraphik (wie wohl auch
die Epigraphiker) im Lauf der Jahre immer
redseliger ward und trotzdem die 8. Legion
viel länger in Strassburg stand als die 2.
Dies kann recht wohl allein darauf beruhen,
dass der Garnisonsfriedhof für die ältere
Legion ein anderer war als für die jüngere,
und dass der Zufall von jenem mehr er-
halten hat als von diesem. Aber wahr-
scheinlicher ist es mir, dass hierin die ,zu
verschiedenenZeiten verschiedene Thätigkeit
des Strassburger Hauptquartiers ihren Aus-
druck findet. Die Verschiebung der Grenze
durch Anlegung des Limes muss die mili-
tärischen Verhältnisse nirgends mehr ver-
ändert haben als eben im Eisass; da eine
Verlegung des Hauptquartiers auf das rechts-
rheinische Ufer nicht eingetreten ist, so
muss dasselbe wenigstens aus einem stra-
tegischen zu einem administrativen Gentrum
geworden sein. Dem entsprechen die Funde
recht gut. Die Unteroffiziere und Soldaten
der 8. Legion zeigen sich uns überwiegend
am Limes jenseit des Rheines, in Strass-
burg aber zahlreiche Ziegel derselben, also
beträchtliche militärische Gebäude, auch der
Anhang der Truppe in den canabae, ferner
das Geschäftslokal ihres princeps und seines
optio und Mbrarius (Brambach C. I. Rh.
1883), das heisst derjenigen Chargierten,
welchen die Verwaltung und das Schreiber-
wesen unterstellt war. Eine unmittelbare
strategische Bedeutung hat Strassburg wohl
erst wieder erhalten, als bei der Regulie-
rung des militärisch-politischen Baukerotts
durch Diocletian die Rheingrenze abermals
das wurde, was sie unter Caesar und Au-
gustus gewesen war.
Abgesehen von ihrer allgemeinen Be-
deutung ist die Inschrift selbst von- Inter-
esse als ein Dokument von dem Bildungs-
stande der germanischen Hauptquartiere in
augustischer Zeit. Sie rührt nicht von Pro-
vinzialen her, sondern von italienischen Sol-
daten, zeigt aber, wie vielleicht keine zweite,
' was in diesem Kreise an Barbarismen ge-
■ . . £ R 1 V S
1 A 1 t N 1 L 4
BABVLE1VS-
1V S'BABVl \
GARRVLVS'
B R 0 G V S ‘
TIBRI-OFENT-
IW A T E R 1 • PVP/
WED OLEANIO
ET-SORORI- P R 1 7,0
IW 1 L E G ‘ II • > ■
CA ■ TIBER! V S ■
SCAEVAEPETR-
BABVLE1VS- ALBANVS
V N 0 ■ \XXV-
LIB ■ ERES-EX'TEST-
S/IPXX1I-
H • S ■ E
FACI • QVRA
Hierzu verdanken wir Mommsen folgende
Erläuterung:
Das Strassburger Legionslager wird be-
kanntlich bei Ptolemaeus erwähnt, zu dessen
Zeit, im 2. Jh. n. Ghr., die 8. Augusta dort
garnisonierte. Diese ist erst nach der
Katastrophe der germanischen Armeen im
J. 70 nach Deutschland gekommen; dass
das Legionslager aber älter ist, dafür lie-
fern den positiven Beweis die vier Strass-
burger Steine der 2. Augusta, welche wahr-
scheinlich nach der Varusschlacht (9 n. Ohr.)
nach Germanien gelegt ward und dort bis
zum J. 43 blieb, wo sie abging Britannien
unterwerfen zu helfen und seitdem dort
verblieb. Von diesen vier Steinen kannten
wir nur einen seit längerer Zeit (Brambach
1892), und dieser, als einem Veteranen ge-
setzt, beweist für das Standquartier wenig1);
die anderen drei2), welche im Dienst ver-
1) Br lautet: L. Autronius L. f. Sergia
Norba Silo veteran(us) ex leg(ione) II.
Herecl.es ex testamento.
2) Die beiden früher gefundenen sind veröf-
fentlicht in dem schönen Werke von Straub, les
antiquites Grallo-Bomaines de Koenigshofen (Strass-
burg 1878) und danach in den Bonn. Jahrb. 66
(1879) S. 70 f. Sie lauten: T. Iulius T. f. Ca-
in(ilia) Alb(a) miles leg(ionis) II (cen-
turia) Bieni, ann(orum) XXXY, stip(en-
diorum) XVI, h (i c) s(itus) e(st).
C. Largennius C.I’ab(ia) Luc(a) m i -
l(es) leg(ionis) II (centuria) Scaevae,
an(norum) XXXVII, st jp (e n d i o r um) XVIII,
h(ic) s(itus) e(st).
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für Zwecke der Mauerung scharf ab’ge-
schnittenen Steines keine Aussicht melii-
vorhanden. [E. Wagner.]
147. Strassburg. Über das schon Korr. III,
133 erwähnte, kürzlich bei Königshofen
aufgefundene römische Grabmonument können
wir nach freundlichen, durch Prof. Michae-
lis übermittelten Angaben des Hm. Dom-
capitular Straub Folgendes mitteilen:
Das Monument ist unweit des Largen-
niussteins gefunden. Von der Umrahmung
des Inschriftsteins ist so viel erhalten, dass
man hoffen kann, das ganze Monument der
Hauptsache nach zu restaurieren. Das Ma-
terial ist sehr weich, daher die Inschrift-
platte in mehrere, z. T. kleine Stücke zer-
brochen ist. Eine schwerere Schädigung
hat nur die erste Zeile der zweiten Hälfte
erfahren. Die Inschrift lautet:
storbenen Soldaten angehören, hat alle Hr.
Straub entweder ausgegraben oder ge-
rettet. Diese drei sind auch insofern wert-
voll, als wir wenige so präeis datierte In-
schriftsteine von Soldaten der früheren
Kaiserzeit besitzen: sie fallen in die J. 9
bis 43 unserer Zeitrechnung. Dem entspricht
die streng schematische Fassung, die gleich-
massige Angabe der Tribus und der Hei-
mat, das Fehlen des Cognomen der Legion
bei allen, des Cognomen der Person bei
zweien, die italische Herkunft von dreien
— diese'sind aus Mailand, Alba Pompeia
und Luca gebürtig, der vierte ist ein
Lusitaner. Bemerkenswert ist noch, dass
diese Steine sämtlich der älteren Strass-
burger Legion angehören, während von der
späteren bis jetzt daselbst sehr wenige In-
schriftsteine zum Vorschein gekommen sind,
trotzdem die Epigraphik (wie wohl auch
die Epigraphiker) im Lauf der Jahre immer
redseliger ward und trotzdem die 8. Legion
viel länger in Strassburg stand als die 2.
Dies kann recht wohl allein darauf beruhen,
dass der Garnisonsfriedhof für die ältere
Legion ein anderer war als für die jüngere,
und dass der Zufall von jenem mehr er-
halten hat als von diesem. Aber wahr-
scheinlicher ist es mir, dass hierin die ,zu
verschiedenenZeiten verschiedene Thätigkeit
des Strassburger Hauptquartiers ihren Aus-
druck findet. Die Verschiebung der Grenze
durch Anlegung des Limes muss die mili-
tärischen Verhältnisse nirgends mehr ver-
ändert haben als eben im Eisass; da eine
Verlegung des Hauptquartiers auf das rechts-
rheinische Ufer nicht eingetreten ist, so
muss dasselbe wenigstens aus einem stra-
tegischen zu einem administrativen Gentrum
geworden sein. Dem entsprechen die Funde
recht gut. Die Unteroffiziere und Soldaten
der 8. Legion zeigen sich uns überwiegend
am Limes jenseit des Rheines, in Strass-
burg aber zahlreiche Ziegel derselben, also
beträchtliche militärische Gebäude, auch der
Anhang der Truppe in den canabae, ferner
das Geschäftslokal ihres princeps und seines
optio und Mbrarius (Brambach C. I. Rh.
1883), das heisst derjenigen Chargierten,
welchen die Verwaltung und das Schreiber-
wesen unterstellt war. Eine unmittelbare
strategische Bedeutung hat Strassburg wohl
erst wieder erhalten, als bei der Regulie-
rung des militärisch-politischen Baukerotts
durch Diocletian die Rheingrenze abermals
das wurde, was sie unter Caesar und Au-
gustus gewesen war.
Abgesehen von ihrer allgemeinen Be-
deutung ist die Inschrift selbst von- Inter-
esse als ein Dokument von dem Bildungs-
stande der germanischen Hauptquartiere in
augustischer Zeit. Sie rührt nicht von Pro-
vinzialen her, sondern von italienischen Sol-
daten, zeigt aber, wie vielleicht keine zweite,
' was in diesem Kreise an Barbarismen ge-
■ . . £ R 1 V S
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Hierzu verdanken wir Mommsen folgende
Erläuterung:
Das Strassburger Legionslager wird be-
kanntlich bei Ptolemaeus erwähnt, zu dessen
Zeit, im 2. Jh. n. Ghr., die 8. Augusta dort
garnisonierte. Diese ist erst nach der
Katastrophe der germanischen Armeen im
J. 70 nach Deutschland gekommen; dass
das Legionslager aber älter ist, dafür lie-
fern den positiven Beweis die vier Strass-
burger Steine der 2. Augusta, welche wahr-
scheinlich nach der Varusschlacht (9 n. Ohr.)
nach Germanien gelegt ward und dort bis
zum J. 43 blieb, wo sie abging Britannien
unterwerfen zu helfen und seitdem dort
verblieb. Von diesen vier Steinen kannten
wir nur einen seit längerer Zeit (Brambach
1892), und dieser, als einem Veteranen ge-
setzt, beweist für das Standquartier wenig1);
die anderen drei2), welche im Dienst ver-
1) Br lautet: L. Autronius L. f. Sergia
Norba Silo veteran(us) ex leg(ione) II.
Herecl.es ex testamento.
2) Die beiden früher gefundenen sind veröf-
fentlicht in dem schönen Werke von Straub, les
antiquites Grallo-Bomaines de Koenigshofen (Strass-
burg 1878) und danach in den Bonn. Jahrb. 66
(1879) S. 70 f. Sie lauten: T. Iulius T. f. Ca-
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diorum) XVI, h (i c) s(itus) e(st).
C. Largennius C.I’ab(ia) Luc(a) m i -
l(es) leg(ionis) II (centuria) Scaevae,
an(norum) XXXVII, st jp (e n d i o r um) XVIII,
h(ic) s(itus) e(st).