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Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst / Korrespondenzblatt — 10.1891

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Nr. 6 (Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37291#0071
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der Römer im Mainlande, auch bei Frank-
furt selbst, finden wir bei Dortelweil die
Erscheinung, dass das Terrain im Mittel-
alter in unmittelbarem königlichem Besitz
ist, ans dem es später in den der Stadt
Frankfurt übergeht. Man erklärt dies da-
raus, dass es ursprünglich zum Kammer-
gut der Merowinger gehörte, die ihrerseits
wiederum als die Erben der besiegten
Allemannenfürsten bezeichnet werden. Ins-
besondere finden wir aber das Terrain der
römischen Villa und ihre unmittelbare Um-
gebung nach N. und W. im 13., 14. und
15. Jahrh. urkundlich im Besitz von Reichs-
ministerialen, und in einer Urkunde Kaiser
Albfechts vom Jahre 1300 werden gerade
3 in der Gemarkung von Dortelweil, zwischen
„öurckelwile“ und „Karben“, d. h. auf dem
Weiler Berg gelegene Mansus als „reichs-
lehnbar“ bezeichnet. Die einfachste Er-
klärung für diese so oft sich wiederholende
Erscheinung dürfte die sein, dass die ersten
Eroberer des Landes, allemannisclie Fürsten,
die gut angebauten grösseren römischen
Güter mit ihren zurückbleibenden, z. T.
unfreien Bewohnern für sich in Besitz
nahmen, während sie ihrem freien Gefolge
weniger wertvolle Grundstücke zum Anbau
iiberliessen. Aus den römischen wurden
•so im Laufe der Zeit die zahlreichen
königlichen Villen, die, wie im westrhein-
ischen Gebiete die Städte, so in dem
städtearmen Dekumatenlande die Träger
eines kulturgeschichtlichen Zusammenhangs
wurden, • welcher in den Orts- und Flur-
namen, in Volkssagcn und Sitten, ja in
der Form der landwirtschaftlichen Geräte
noch heute bemerkbar ist, und dessen
Existenz klassisch bezeugt ist durch die
bekannte Angabe des Ammianus Marcel-
linus, dass Julianus auf seinem Zuge ins
Mainland ein Jahrhundert nach dem Auf-
hören der römischen Herrschaft die Ge-
bäude „noch sorgfältiger, nach römischer
Art gebaut fand“.
An diesen Bericht schloss sich eine ein-
gehende Besprechung des wichtigsten der
bei den Ausgrabungen zu Tage geförder-
ten Fundstücke durch Prof. Dr. Riese an.
(Didaskalia 1891 Nr. 100.).
53. Römische Strassenzüge in der Pfalz. In
weiterer Verfolgung des römischen Strassen-

zuges vom Rhein nach Westen über den
Kamm des Hartgebirges wurde in letzter
Zeit vom Verfasser festgestellt, dass die
alte Römerstrasse von der alten Warte auf
„Murrmirnichtviel“ aus ziemlich in der
Richtung des jetzigen Hauptweges zum
Becherskopf am Osthange der Wasser-
scheide zieht. Dort unmittelbar an den
Ruinen des kurpfälzischen Jagdschlosses:
„Schaudichnichtum“ (500 m Seehöhe), von
dem die Rudera eines steinernen Tur-
mes (12 : 10 m im Rechteck) noch vorhan-
den sind, zieht der 3 m breite Römerweg
am „Jagdbrunnen“ vorüber auf den West-
rand und bleibt dort, indem er stets berg-
auf bergab ohne Rücksicht auf Steigungen
die Sehnen der Bügen der jetzigen Strecke
zieht, bis zum Lambertskreuz, einem 462 m
hohen, wichtigen Sattelpunkt. Von hier
zieht die Römerstrasse, dem alten Grenz-
weg folgend, an dem die Marksteine von
Dürkheim-Limburg und Lambrecht stehen,
oben am Nadenbrunnen (wohl als Najaden-
brunnen und nicht als Gnadenbrunnen zu
deuten), einer starken Quelle vorbei, um
an den „Sieben Wegen“ an einem Hange
anzugelangen, der auf dem nächsten, etwas
steilen Weg zwischen Friedrichthal und der
Lindendelle hinauf zum Drachenfels
führt. Dieser beherrscht mit 571 m See-
höhe das ganze nordöstliche Hartgebirg.
Den trapezförmigen Gipfel dieses sagen-
umrauschten Felsberges umzieht ein 1—3
m hoher, 6—7 m breiter, wohl erhaltener
Doppelwall, dessen drei Seiten IGO—170 m
Länge haben, dessen vierte ca. 40 m Länge
misst und nach NW. einen ca. 360 m
langen Grat bis zum Westerfels sendet.
An der steil abfallenden Ostseite befinden
sich zwei natürliche Höhlungen, Drachen-
kammer und Drachenhöhle, in welche die
Ortssage Sigfrid’s Kampf mit dem Drachen
verlegt. Unterhalb der Höhlen erstreckt
sich von N. nach S. ein Felsenvorsprung,
der mit altem Mauerwerk eingefasst ist,
ein Raum, in welchem sich Münzen von
Kaiser Magnentius (350—353 n. Chr.) ge-
funden haben. Das Prätorium dieses spät-
zeitigen Römercastelles befand sich auf der
Nordostecke, wo jetzt das trigonometrische
Signal steht. Hier ist ein mit Mauerwerk
umgebenes Viereck und ein Turmfunda-
 
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