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Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst / Korrespondenzblatt — 11.1892

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Nr. 9
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https://doi.org/10.11588/diglit.37290#0094
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1C4

Bei Fortsetzung der Arbeit wurden so
bis gegen Ende des Monats im ganzen
nach und nach sechs Steinsärge aufge-
deckt, aber nur in einem noch der Best
eines Menschenschädels gefunden, so dass
man annehmen muss, die Särge seien früher
schon um ihres wirklichen oder erhofften
wertvollen Inhaltes willen geöffnet und
ausgeleert worden. Nach der hohen Auf-
lagerung von Erde zu scliliessen, 1,90 m
bis 2,15 m, muss diese Öffnung vor langer,
langer Zeit stattgefunden haben, vielleicht
damals, als in der letzten Zeit der Römer-
herrschaft selbst die Gräber nach Waffen
und Eisen durchsucht wurden. Im Erd-
reich ausserhalb dieser Särge wurden noch
einige Urnen aus Thon und eine aus terra
sigillata, zwei Untersätze aus Thon, ein
Bruchstück mit dem Töpferstempel VIINVS
und Teile einer schwarzen Schale, sowie
eine grosse Anzahl von Gefässbruchstücken
aller Art ausgegraben und für das Museum
erworben.
Ganz in der Nähe dieses Platzes hinter
dem Hause Nr. 6 der Ililgardstrasse wurde
zur selben Zeit beim Sandgraben in ziem-
licher Tiefe (etwa 2 m) ein siebenter Sarg
aus roh behauenem weissem Sandstein an-
getroffen , während in einer Tiefe von
1,50 m 2 gewöhnliche einhenklige Urnen
aus grauer Erde und eine kleine Urne aus
Terra sigillata zum Yorschein kamen. Nicht
weit von der obengenannten Stelle an der
Ecke der Ludwigsstrasse und der noch
unbenannten neuen Strasse wurde neben dem
Hause des Herrn Einnehmers Waldmann
ebenfalls ein Neubau aufgeführt. Bei Her-
stellung der Baugrube stiessen die Arbeiter
hier auf zahlreiche Reste römischer Brand-
gräber als Krüge, Urnen u. dgl., die aber
schon früher durch Umgraben zerstört
worden waren. Am Samstag den 6. Febr.
aber zeigte sich in einer Tiefe von 1,5 m
unter der Erde eine Platte aus weissem
Sandstein, auf welcher nach erfolgter Aus-
grabung und Reinigung ein Bild und eine
Inschrift sichtbar wurden.
Es war ein Grabstein, der wie so viele
andere die Thüre eines Hauses oder Tem-
pels darstellt, aus welchem der Verstor-
bene heraustritt. Zwischen zwei einfachen
Säulen sieht man hier eine Knabengestalt

in leichter Bewegung nach links vorwärts.
Das kurzhaarige Haupt ist unbedeckt, das


PERECRINV'SC'IVLI

vcu: üOjVAER

Gesicht bis auf einen kleinen Teil leider
schon vor Zeiten verstümmelt. Den Ober-
körper umhüllt zunächst eine Tunika (Leib-
rock) mit Ärmeln bis zum Ellbogen. Die
Tunika reicht bis zum halben Oberschen-
kel und ist um die Hüften gegürtet. Über
der Tunika trägt er die Paenula (einen
radförmigen Mantel ohne Ärmel mit einer
Schlitzöffnung für den Kopf, die hier an
3 Stellen zugeheftet erscheint. Uber den
linken Arm fällt der Mantel bis zur Hand
herab, der rechte Arm erscheint frei, in-
dem der Mantel auf die Schulter in die
Höhe geschlagen ist. Rückwärts hängt er
bis zu den Ivnieen, vorn nur bis zu den
Oberschenkeln herab. Die Fiisse sind mit
 
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