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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 18.1925

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Schmied-Kowarzik, Walther: Die Kunstform in den tektonischen Künsten
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https://doi.org/10.11588/diglit.3820#0074

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V.

Die Kunstform in den telefonischen Künsten.

Von
Walther Schmied-Kowarzik (Dorpat).

Wenn man vom Ästhetischen spricht, so denkt man dabei meistens
fürs erste an die freien Künste, die an bestimmte, praktische Zwecke
nicht gebunden sind: Dichtung und Musik, Bildhauerei und Malerei,
Tanz und Schauspiel. So kommt es, daß viele Ästhetiker definierten:
ihrem Wesen nach sei alle Kunst Spiel, also das Gegenteil einer auf
Zwecke gerichteten Tätigkeit; denn Spiel heißt eine Tätigkeit um ihrer
selbst willen, eine Entladung der Kräfte, ein Überströmen des Lebens
im Gegensatz zu jeder durch einen Zweck bestimmten Leistung. Ähn-
liches besagt der Satz: jedes Kunstwerk überhaupt (nicht nur das Werk
der freien Kunst) sei Schein und dürfe nicht als Wirklichkeit aufge-
faßt werden.

Alle diese Definitionen heben charakteristische Merkmale der freien
Kunst hervor, nicht aber die grundwesentliche Eigenschaft aller Kunst
überhaupt: sie verfehlen daher die zweckgebundenen Künste.

Wäre es wahr, daß das grundwesentliche Merkmal der Kunst und
des Ästhetischen das Spiel sei, so wäre eine Zweck-Kunst ein Wider-
spruch in der Beifügung. Zweck-Kunst bedeutete soviel als Zweck-
Spiel und das ist eben ein Unding. In der Tat hat Max Schasler die
Kunstindustrie, das Kunsthandwerk und die meisten Gebilde der Bau-
kunst aus dem Gebiet der »echten« Kunst ausgeschieden (Ästhetik
S. 158).

Schon Eduard von Hartmann hat demgegenüber mit besonderem
Nachdruck betont: der Unterschied zwischen den tektonischen Künsten
(Bau- und Gerätekunst) und den bildenden und musischen Künsten
ist nicht ein Gegensatz von Unecht und Echt, sondern von Zweck-
gebundenheit und Freiheit, und das Ästhetische im Kunstgewerbe ist
ebenso echt als das Ästhetische in der Dichtung und der Musik, nur
dient das kunstgewerbliche Werk zugleich einem praktischen Zweck
(»Die deutsche Ästhetik seit Kant, 482—4).

Es ist zweifellos und jede konkrete, lebendige Anschauung lehrt
es uns: es gibt eine echte, zweckgebundene Kunst, es gibt Bauwerke
 
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