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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 18.1925

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Schmarsow, August: Die reine Form in der Ornamentik aller Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.3820#0086

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Vi.
Die reine Form in der Ornamentik aller Künste.

Von

August Schmarsow.

VII. Zusammenfassung.

Bei unserem Bemühen um eindringendes Verständnis der mensch-
lichen Gestaltungstätigkeit und der Entstehung reiner Formen an be-
stimmten Stellen ihres Werdeganges haben wir mit dem eigenen Ge-
baren begonnen, dessen Gesamtgebiet wir Mimik nennen. Unsere
Beobachtung und Erklärung menschlicher Kunst kann nur vom Men-
schen ausgehen und wieder zum Menschen zurückkehren; denn sie
v/ird ja vom Menschen hervorgebracht und ist zunächst lediglich für
ihn selbst da, mag sie auch bald genug den Mitmenschen zuteil wer-
den, ja noch ganzen nachfolgenden Menschengeschlechtern zugute
kommen. Sie bleibt in ihren Ursprüngen immer sogar mit dem mensch-
lichen Körper als ihrer unveräußerlichen Unterlage verbunden. Und
dessen aufrechtes System von Koordinatenachsen ist ja das Binde-
glied, das auch das schöpferische Subjekt auf Erden in den kosmischen
Zusammenhang unseres Planetensystems hineinstellt, wie seine Sinnes-
organe mitsamt seinem Lebensprozeß ihn in den rhythmischen Ab-
lauf alles Geschehens — den Wechsel von Nacht und Tag, von Ebbe
und Flut, von Sommer und Winter — einfangen, der so notwendig
auch seinen Geist mit jenen Gesetzen durchdringen muß. Da besteht
also zwischen dem anthropozentrischen Maßstab und den Vorgängen
im AH kein Widerspruch, noch eine Wahlfreiheit des Standpunktes
für sogenannte Weltanschauungen :). — Wir sehen in der Mimik aber
auch die Ursprungsstätte oder wenigstens in dem Bereich unmittel-
barer Ausdrucksbetätigung das Geburtsland des nur irrtümlicherweise
davon abgetrennten Schmuckbedürfnisses, das vermeintlich noch eigens
auf eine »Umweltsbereicherung« ausgehen soll. Der Körperschmuck

') Dies übersieht auch Hans Prinzhorn, dessen Buch >Bildnerei der Geistes-
kranken« (Berlin 1922) soeben erst zu mir gelangt. Es liefert einen wertvollen Bei-
trag zur Psychologie der Gestaltung, auf den ich gern Bezug nehme, da auch er
diesen Dingen ernstlich bis auf den Grund nachzugehen trachiet. Vgl. hier S. 30 ff.
 
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