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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 1.1906

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Reid, Thomas: Über den Geschmack
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https://doi.org/10.11588/diglit.3529#0357

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ANMERKUNGEN. 353

Philosophie über den menschlichen Geist dahin gebracht wird, den Namen einer
Wissenschaft zu verdienen, woran man niemals verzweifeln sollte, so muß es ge-
schehen durch Beobachtung von Fakten, ihre Zurückführung auf allgemeine Regeln
und richtige Folgerungen aus ihnen. Was wir gewöhnlich natürliche Ursachen
nennen, könnte eigentlich besser natürliche Zeichen heißen, und was wir Wir-
kungen nennen, besser die bezeichneten Dinge. Die Ursachen haben, soviel
wir wissen, keine eigentliche wirkende Ursächlichkeit, und alles, was wir mit Be-
stimmtheit behaupten können, ist, daß die Natur eine konstante Verbindung zwi-
schen ihnen und den Dingen, die ihre Wirkungen genannt werden, eingerichtet hat,
und daß sie den Menschen die Anlage verliehen hat, diese Verbindungen zu be-
merken, sich auf ihre Permanenz zu verlassen und zur Bereicherung ihrer Kenntnisse
und Vermehrung ihrer Macht Gebrauch von ihnen zu machen.« Stewart hat gewiß
ein Urteil darüber, ob Reid Bacos »philosophische Kunst« verstanden hat. Er sagt:
»Man kann fast auf jeder Seite seiner Schriften den Einfluß der allgemeinen Ge-
sichtspunkte, die das Novurn Organum bietet, verfolgen; und was tatsächlich seine
Werke aufs klarste und charakteristischste auszeichnet, ist der Umstand, daß sie den
ersten strengen Versuch darbieten, auf das Studium der menschlichen Natur die
Forschungsmethode anzuwenden, die Newton zu der Entdeckung der Eigenschaften
des Lichtes und der Gesetze der Gravitation führte.« Account p. 9 a.

13) Burke (Essay on the Sublime and Beautiful, 1756) bringt außerdem das Er-
habene mit dem Selbsterhaltungstrieb zusammen. Vgl. Neumann, a. a. O. S. 141
und 105. Ferner Joseph Wohlgemuth, Henry Homes Ästhetik und ihr Einfluß auf
deutsche Ästhetiker. Diss. Rostock, Berlin 1893, S. 41 Anm.

14) Zum Erhabenen seien noch ein paar Zeilen aus Akenside und Addison
angeführt, die James Beattie in seinen »Dissertations, Moral and CriticaU (1783)
verwendet. Ich zitiere nach der Übersetzung: »Jak. Beatties Moralische und Kri-
tische Abhandlungen. Aus dem Englischen, mit Zusätzen.« II. Teil. Göttingen
1790, S. 306 ff. »Die meisten von den Schriftstellern über diesen Gegenstand haben
unsere Neigung für das, was groß und erhaben ist, als einen Beweis der Würde
unserer Seele und des göttlichen Endzweckes, wozu sie gebildet ist, betrachtet.
Akenside hat die Ausdrücke des Longinus hierüber sehr schön übersetzt: ,Gott
hat den Menschen nicht als ein unedles Wesen erschaffen, sondern hat uns, da er
uns Leben gab und uns mitten in dieses weite Weltall wie vor der zu irgend einer
Feierlichkeit versammelten Menge setzte, um seine ganze Herrlichkeit uns zu zeigen
und uns zu einer hohen Nacheiferung zu erziehen, in unsere Seele eine unaus-
löschliche Liebe jedes Großen und Erhabenen gepflanzt, jedes Dinges, das göttlich
über unserer Fassung erscheint'.... Ich darf nicht vergessen, daß Addison die
nämliche Denkart angenommen und, mit der Kenntnis eines Christen erleuchtet
und von seiner Gottesfurcht erwärmt, sie noch unendlich verfeinert hat. ,Das
oberste Wesen,' sagt er, ,hat die Seele des Menschen so gebildet, daß nichts seine
letzte, angemessene und eigentliche Glückseligkeit ausmachen kann als Er selbst.
Weil daher ein großer Teil unserer Glückseligkeit aus der Betrachtung seines Wesens
herfließen muß, hat er unseren Seelen, um ihnen eine solche Betrachtung annehm-
lich zu machen, ein natürliches Vergnügen in dem Gefühle alles Großen und Un-
begrenzten gegeben'.«

16) »It gives a value to the object, abstracted from its utility.« Hier scheint also
das erste und einzige Mal von dem Wohlgefallen ohne Rücksicht auf die Nützlich-
keit die Rede zu sein. Zu dieser schwierigen Frage glaube ich am besten auf Hugo
Spitzer verweisen zu dürfen, der hier unter anderem auch über Hutcheson spricht.
(Hermann Hettners kunstphilosophische Anfänge und Literarästhetik, 1903, S. 429.)


 
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