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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 2.1907

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Baerwald, Richard: Zur Psychologie des Komischen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3530#0228
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X.

Zur Psychologie des Komischen.

Von
Richard Baerwald.

I. Die von der Berliner Psychologischen Gesellschaft veranstaltete
Umfrage, deren Ergebnisse den Gegenstand dieser Darlegung bilden
sollen, setzte sich zwei verschiedene Ziele. Sie wollte einen Beitrag
liefern zu der neuerdings mehrfach besprochenen Frage, wie weit die
Methode der vereinigten Selbstwahrnehmung innerhalb der Psycho-
logie berechtigt und zumal befähigt ist, kompliziertere Probleme des
Seelenlebens in Angriff zu nehmen. Neben dieser methodologischen
Tendenz, die nach der Veröffentlichung des vorliegenden Aufsatzes
an anderer Stelle zu Worte kommen soll, hatte das Unternehmen noch
eine inhaltliche Aufgabe. Unmittelbar nämlich widmete es sich einer
Erscheinung, die Lipps in seiner Schrift »Komik und Humor« (S. 147)
beschreibt und als das »Hin- und Hergehen der komischen Vor-
stellungsbewegung« bezeichnet. Doch interessiert sie uns nicht
an sich, sondern nur als Einzelfall eines allgemeineren Gesetzes, das
in der Lippsschen Psychologie eine bedeutende Rolle spielt und unter
dem Namen »psychische Stauung« bekannt ist. Dieses angebliche
Grundgesetz des Seelenlebens sollte durch die Enquete einer genaueren,
mit umfassenderem Erfahrungsstoff arbeitenden Prüfung unterzogen
werden, als sie durch die Selbstbeobachtung eines einzelnen möglich ist.

Eine eingehende Darstellung der Stauungstheorie ist für uns un-
umgänglich, nicht nur, weil die einschlägigen Erörterungen bei Lipps
sich an den verschiedensten Stellen seiner Schriften zerstreut finden,
sondern auch, weil nur aus einer zusammenhängenden Behandlung
des ganzen Problems die besondere Stellung klar werden kann, die
die erwähnte Pendelbewegung des komischen Vorstellens innerhalb
der Theorie der psychischen Stauung einnimmt.

Lipps ist Assoziationspsychologe. Gefühl und Wollen sind ihm
keine inneren Mächte, die beherrschend und lenkend in das Getriebe
der Vorstellungen eingreifen, sondern selbst nur Reflexe, Symptome
gewisser Vorgänge, die sich im mechanischen Zusammenwirken der
Vorstellungen abspielen. Daß die stärkere Betonung, die der Begriff
 
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