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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 4.1909

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Groos, Karl: Das ästhetische Miterleben und die Empfindungen aus des Körperinneren
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https://doi.org/10.11588/diglit.3531#0186
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KARL GROOS.

Damit habe ich eine Grenze erreicht, die ich nicht überschreiten
möchte. Nur auf einen Punkt sei noch hingewiesen. Aus der engen
Beziehung des inneren Erlebens auf das wahrgenommene Objekt
können sich Konsequenzen für die »zu fordernde« Beschaffenheit
der Gegenstände ergeben, so daß sich damit eine Brücke von der
rein psychologischen Analyse zu einer normgebenden Ästhetik baut.
Wir könnten von unserem Standpunkt aus die Norm aufstellen: das
Natur- oder Kunsterzeugnis muß, wenn wir es rein genießen sollen,
so beschaffen sein, daß es sich, wie Lotze sagt, »in Harmonie mit
den innersten Bedingungen unserer eigenen individuellen Existenz«
befindet.

gelenkt zu sein. Ich habe etwa Hunger, achte aber nicht auf diesen körperlichen
Zustand, weil etwas anderes, ein außer dem Körper liegendes Objekt, ein sinnlicher
Gegenstand etwa, oder weil eine wissenschaftliche Überlegung oder dergleichen
meine Aufmerksamkeit ganz in Anspruch nimmt. Dann bleibt der körperliche Zu-
stand bestehen; ich werde durch diese Ablenkung der Aufmerksamkeit nicht etwa
satt; aber ich empfinde den Hunger nicht mehr oder die Hungerempfindung tritt
in den Hintergrund meines Bewußtseins'.«
Hierzu möchte ich folgendes bemerken: Der Hunger oder Durst tritt, wie mir
scheint, nur dann in den Hintergrund, wenn wir uns Gegenständen zuwenden, die
gar nichts mit diesen Gefühlen zu tun haben. Die Konzentration auf eine wirkliche
Speise oder auf das Objektiv, »daß wir nichts zu essen haben«, ist dagegen sehr
geeignet, die Unlust des Hungers recht intensiv hervortreten zu lassen; und auf
einer heißen Fußtour kann die Anregung, sich ein Glas Pilsner vorzustellen, eine
langjährige Freundschaft in Gefahr bringen. Hunger und Durst können sich also
während der Konzentration auf einen geeigneten Gegenstand sehr intensiv im Be-
wußtsein geltend machen, während bekanntlich die Hinwendung der Aufmerksam-
keit auf den emotionalen Vorgang selbst eher geeignet ist, seinen Lust- oder Un-
lustcharakter herabzusetzen.
 
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