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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 4.1909

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Prinzhorn, Hans: Gottfried Sempers ästhetische Grundanschauungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3531#0214
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VI.

Gottfried Sempers
ästhetische Grundanschauungen»
Von
Hans Prinzhorn.
Diese Abhandlung will Gottfried Sempers ästhetische Grund-
anschauungen lediglich darstellen. Jeder Versuch einer Kritik mußte
ausgeschlossen werden, wenn das Ziel, ein möglichst klares Bild von
des großen Künstler-Philosophen Meinungen, erreicht werden sollte.
Soviel wie möglich wurde der plastische, wenn auch oft ungefüge
und harte Ausdruck Sempers beibehalten, nicht nur in den wörtlichen
Zitaten, sondern auch in den Zusammenfassungen. Die eigene Arbeit
beschränkte sich darauf, die überall zwischen technischen und histo-
rischen Einzelheiten enthaltenen ästhetischen Bemerkungen den prin-
zipielleren Besprechungen ästhetischer Probleme anzugliedern, sie
gegeneinander abzuwägen, wo sie sich widersprechen, die »Grund-
anschauung« festzustellen. Und zweitens auf die Anordnung des
ganzen ungeheuren Stoffes in möglichst übersichtlicher Weise, so
daß auch der mit Sempers Schriften nicht Vertraute sich danach
orientieren kann. Wie viel oder wie wenig für das richtige Ver-
ständnis Sempers damit geleistet ist, kann nur der beurteilen, der ihn
kennt. Es scheint jedoch, daß ihn nicht viele kennen, obwohl sein
Name in den meisten Schriften der Ästhetiker und Praktiker der
Architektur vorkommt. Häufig wird als »die Sempersche Theorie«
die Erklärung dekorativer oder Kunstformen durch Struktursymbolik
bezeichnet und bekämpft. Diese Theorie läßt erstens alle Grade von
geistvoller bis zu geistloser Behandlung zu und gibt zweitens, zumal
in farbloser Formulierung, nur einen ganz kleinen Bruchteil von Sempers
Lehre. Auch als Verkündiger eines »Materialstils«: wird er ohne Be-
rechtigung in Anspruch genommen. Richtig verstanden haben ihn
nur solche, die mit irgend einer Seite seiner starken Persönlichkeit
artverwandt sind, sei es die des vollblütigen Künstlers, des tiefen
Denkers oder des weitblickenden Forschers.
Wer Semper näher kennen lernt, muß staunen über den Reichtum,
die Schwungkraft, die trotzige Energie und Zähigkeit, den unbezähm-
 
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