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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 4.1909

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Döring, August: Die Methode der Ästhetik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3531#0325
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VII.
••
Die Methode der Ästhetik.
Von
August Döring.
1. Das Grundproblem der Ästhetik.
Die Frage nach der richtigen Methode einer Wissenschaft ist auf
jeden Fall abhängig von dem, was durch die betreffende Wissenschaft
geleistet werden soll. Die Ästhetik wird vielfach für eine normative
Disziplin ausgegeben, wobei es freilich meist an der erforderlichen
Schärfe in der Bestimmung des Wesens einer normativen Disziplin
fehlt. Von einer normativen Disziplin im strengen Sinne kann nur da
die Rede sein, wo ein auf Verwirklichung von Zwecken gerichtetes
Schaffen oder Handeln in Betracht kommt. Solchem Schaffen oder
Handeln Regeln, Normen vorzuschreiben, deren Befolgung die Reali-
sierung des erstrebten Zweckes verbürgt, ist Aufgabe einer normativen
Disziplin. Ihre Imperative sind nicht kategorische, sondern hypothe-
tische, d. h. sie gelten nur unter der Voraussetzung, daß ein gewisser
Zweck realisiert werden soll. Das Grundproblem ist daher auch bei
der normativen Disziplin ein theoretisches, ln erster Linie muß
über das Wesen des zu verwirklichenden Zweckes volle Klarheit ge-
schafft werden, ehe über die zu seiner Realisierung in Bewegung zu
setzenden Mittel Regeln abgeleitet werden können.
Diese strenge Fassung der normativen Disziplin auf die Ästhetik
angewandt, so ergibt sich, daß sie als normative Disziplin nur eine
Disziplin für den schaffenden Künstler sein könnte. Sie würde
diesem in einem System von Regeln die Mittel an die Hand geben,
um den von ihm erstrebten Zweck, die — freilich ja noch erst zu er-
mittelnde — spezifische Kunstwirkung zu erzielen. Ein bedeutsames
Stück einer normativen Ästhetik in diesem Sinne ist uns in dem von
der Tragödie handelnden Abschnitte der Aristotelischen Poetik
(c. 6—22) erhalten, wo freilich das Verständnis durch den Ausfall der
Erläuterung der Zweckbestimmung (Katharsis) für uns recht erschwert
wird. Doch besitzen wir hinreichende Mittel, um diese Lücke in aus-
reichender Weise auszufüllen, und da ergibt sich dann, daß der Ästhe-
Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. IV. 21
 
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