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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 9.1914

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Besprechungen.

Vernon Lee and C. Anstruther-Thomson, Beauty and Ugliness and
other studies in psychological Aesthetics. London: John Lane,
The Bodley Head. New-York: John Lane Company, 1912. 8°. XIII u. 376 S.
Dies Buch umfaßt eine Reihe von Aufsätzen, die zum großen Teil bereits in
der ästhetischen Literatur bekannt und wirksam geworden sind. Die jetzige Zu-
sammenstellung der einzelnen Arbeiten läßt deutlich erkennen, wie Vernon Lee sich
entwickelt hat und wie sie zu den von ihr vertretenen Anschauungen gelangt ist.
In gemeinsamer Arbeit der beiden Verfasserinnen entstand der »oft angeführte, aber
wenig gelesene« Aufsatz Beauty and Ugliness, der in diesem Buche unverändert
aus der Contemporary Review (1897) zum Abdruck gelangt ist. Ein weiterer Aufsatz
von Vernon Lee ^Aesthetic Empathy and its organic accompaniments« erschien ur-
sprünglich französisch in der Revue philosophique 1907. Eine Korrektur ihrer früheren
Anschauung gab die Verfasserin sodann in einer Abhandlung, die in der »Zeitschrift
für Ästhetik« erschienen ist (1910, Bd. V, S. 145) unter dem Titel: »Weiteres über
Einfühlung und ästhetisches Miterleben« und jetzt als ihr Central problem of
Aesthetics auftritt. Einen wertvollen Beitrag für die Buchausgabe bilden schließlich
die Auszüge aus den Oalerietagebüchern, die uns noch später beschäftigen werden.
Sie weisen zugleich hin auf die besondere Art der Verfasserin, Ästhetik zu treiben.
Vernon Lee sucht aus ihren reichen persönlichen Erfahrungen vor Kunstwerken sich
eine Ästhetik aufzubauen und ihre Selbstbeobachtungen mit der modernen Psycho-
logie in Einklang zu bringen. Dabei verkennt sie keineswegs den Wert oder die
Überlegenheit der systematisch betriebenen experimentellen Forschung.

Aber noch eins kommt hinzu. Vernon Lee sucht in dem einleitenden Essay
dieses neuen Buches ihren Anschauungen ein gewisses System zu geben, und diese
allgemeineren Ausführungen berechtigen uns, zunächst einmal die prinzipielle
Haltung der Verfasserin zu der Frage nach dem Ästhetischen uns klar zu machen.
Vernon Lee beginnt mit einer Scheidung der Begriffe: ästhetisch — künstlerisch
— schön. Soll ästhetisch auf »Kunst« oder auf »Schönheit« bezogen werden, das
ist die Frage. Die Entscheidung lautet, daß das, »was mit Kunst zu tun hat« und
»was mit Schönheit zu tun hat«, verschieden benannt werden muß, und zwar durch
das Wortpaar: künstlerisch-ästhetisch. Die Kunst scheidet sich dadurch von allen
andern verwandten menschlichen Tätigkeiten, daß sie nützlichen Dingen einen ganz
bestimmten Wert hinzufügt, nämlich einen Schönheitswert. Wo dieser Forderung
nach Schönheit nicht entsprochen wird, wo kein Versuch vorhanden ist, für häßliche
Anordnung in Linie, Raum, Farbe, Ton, Wort oder Bewegung eine schöne An-
ordnung zu setzen, da ist das Wort »künstlerisch« nicht anwendbar im Gegensatz
zu Ausdrücken wie: technisch geschickt, logisch verständig, praktisch angemessen,
sinnlich angenehm, Gefühl erregend, moralisch lobenswert. Es muß eben der be-
sondere Charakter hinzutreten, den Vernon Lee »ästhetisch« nennt, nämlich das
Schönsein. Kurz: ästhetisch ist das, was wir schön nennen. Was ist nun aber
Schönheit? Was Schönheit ist, erkennen wir aus dem Vergleich von Kunstwerken
 
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