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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 10.1915

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Lázár, Béla: Das Grundgesetz der monumentalen Skulptur
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https://doi.org/10.11588/diglit.3818#0005
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I.
Das Grundgesetz der monumentalen Skulptur.

Von
Bela Läzär.

Draußen im Freien auf offenem Platze erhebt sich eine Statue.
Schon aus der Ferne, indem wir auf sie zuschreiten, behalten wir sie
stets im Auge: wogende Luft umzittert sie, in Licht, in glänzendes,
bewegliches, fortwährend wechselndes Licht ist sie gestellt, das ohne
Unterlaß die Formen auflösen, in sich verschlingen will, mit ihnen
einen Kampf auf Leben und Tod kämpft. Siegen müssen die Formen.
Wie kann ihnen das glücken? Je nach dem Material des Denkmals
ergeben sich immer neue Bedingungen. Die Wirkung der Atmosphäre
auf Marmor und Bronze ist verschieden. Ist es da nicht natürlich,
daß all diese Umstände gewisse Bedingungen schaffen, die das Monu-
ment berücksichtigen muß, ist es nicht klar, daß der Bildhauer schon
während der Arbeit mit alldem zu rechnen, daß seine Phantasie das
Werk schon auf seinem Bestimmungsorte in der Wirkungsform zu
sehen hat, in der es der Vergänglichkeit trotzen soll?

So müssen wir demnach das Grundgesetz der monumentalen
Skulptur hier suchen. Wir nehmen von der Aufstellung der Statue
unseren Ausgang. Das im engen Räume errichtete, also auf Nah-
wirkung angelegte Kunstwerk erfordert die Feinheit des Details, er-
fordert, da es umgangen wird, die Berechnung der einzelnen Ansichten,
erfordert die starke Modellierung zur reichlichen Befriedigung unseres
Tastsinnes, die feine Abwägung des gegenseitigen Verhältnisses der
Ansichten. Konkreta sind es, die die Phantasie des Künstlers reizen.
Er muß also unausgesetzt die sich allfällig ergebenden Profile, nicht
bloß das Fernbild allein vor Augen halten, um die Figur von allen
Seiten gleich bedeutsam und reich an Ausdruck gestalten zu können.
So arbeitet Rodin. Er sucht nicht Fläche, sondern die stetig wech-
selnden Profile, beobachtet die Tiefen, wägt die Valeurs der Dinge
ab — immer auch die mit den Lichtwirkungen wandelbaren Form-
gestaltungen, Umrißauflösungen berücksichtigend. Kurz, er nützt das
zufällig sich Ergebende und drückt auch die flüchtigen Wirkungen
aus. Ja, womöglich sucht er sie auch!

Zeltschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. X. 1
 
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