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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 11.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.3817#0202
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§ 35, »Die Untersuchung der Gefühle«, S. 237 ff.) nur angedeutet hatte, wird hier
systematisch und vollständig ausgeführt. An Stelle der Wundtschen Einteilung in
Eindrucks- und Ausdrucksmethoden setzte er die Dreiteilung in Eindrucks-, Her-
stellungs- und Ausdrucksmethoden (Kongreßvortr. S. 19). Innerhalb jeder dieser
drei Gruppen unterschied er verschiedene Spezialmethoden nach psychologischen Ge-
sichtspunkten. Überall förderte er durch Winke und Anregungen die weitere Aus-
bildung der Methodik. Besonders wertvoll sind seine Bemühungen um die Ent-
wicklung der von ihm so genannten »Reihenmethode« (Umwandlung »einer nach
Mathematischen oder physikalischen Gesichtspunkten angeordneten Reihe von Ob-
jekten in eine ästhetische Wertreihe<, Kongreßvortr. S. 11 ff.) und der »Methode der
Zeitvariation« (Isolierung einzelner Phasen des ästhetischen Verhaltens durch Variation
der Expositionszeit des ästhetischen Objektes, ebenda S. 14 und Amer. Journ. of
Psycho). 1903, Bd. 14, S. 479).

Schließlich hat Külpe teils selbst, teils durch seine Schüler zur Lösung spezieller
experimentell-ästhetischer Probleme durch Laboratoriumsuntersuchungen wesentlich
beigetragen. Außer den eben angeführten Untersuchungen über den Einfluß der Ein-
wirkungsdauer auf das ästhetische Verhalten (loc. cit. und K. Gordon, Arch. f. d.
ges. Psychol. 1905, Bd. 4, S. 437 mit Bemerkungen Külpes zu dieser Abhandlung)
■st hier vor allem die unter seiner Leitung entstandene Arbeit von L. Wl. Legowski
zur experimentellen Ästhetik räumlicher Formen (Arch. f. d. ges. Psychol. 1908,
Bd. 12, S. 256—311) zu nennen. Abgesehen von vielen wertvollen Einzelergebnissen
g'bt sie zugleich die beste Illustration und zahlreiche Belege für die von Külpe in
seinem Vortrag dargestellte experimentell-ästhetische Methodik. Ein vollständiges
Verzeichnis der ästhetischen Dissertationen, die unter Leitung des Verstorbenen
Während seiner Würzburger Zeit entstanden sind, hat Marbe in Bd. 2 der Fortschr.
d- Psychol. u. ihrer Anw. gegeben1). Von sehr heilsamem Einfluß war auch der
kritische Bericht über die wichtigeren experimentell-ästhetischen Arbeiten, welchen
Külpe im 2. Teil seines Würzburger Vortrags gab. Durch unparteiische Hervor-
hebung einerseits aller wirklichen Fortschritte, anderseits aller wesentlichen Mängel
u'id Fehler hat er damals der jungen, vielfach gefährdeten Wissenschaft einen nach-
haltigen Nutzen gebracht.

Külpes experimentell-ästhetische Arbeiten bilden nur einen kleinen Teil seiner
gesamten wissenschaftlichen Tätigkeit und auch nur einen verhältnismäßig unter-
geordneten Teil seiner Gefühlslehre, wie er sie kurz und in großen Zügen noch
"n Jahre 1909 auf dem internationalen Kongreß für Psychologie in Genf (Rapp. et
Comptes rend. par Ed. Claparede, Geneve 1910, S. 183—196) entwickelt hat; sie
egen aber nicht nur von der Vielseitigkeit des Verstorbenen ein beredtes Zeugnis
ab, sondern sind auch als solche bedeutend genug, um ihm ein dauerndes An-
denken auch in der Geschichte der experimentellen Ästhetik zu sichern.

Wiesbaden.

Theodor Ziehen.

') Eine musikästhetische Dissertation aus dem Münchener Laboratorium soll,
w'e Herr Prof. Bühler mir mitteilt, voraussichtlich im nächsten Sommer noch er-
Scheinen.
 
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