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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 12.1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.3621#0153

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BESPRECHUNGEN. 147

sein, daß ein richtiges Bild deutscher Kunst des 18. Jahrhunderts ohne weitgehendste
Berücksichtigung Bayerns undenkbar ist, auch in Fachkreise gedrungen ist«, hat
diese Forschung ihren besonderen Wert. Daneben möchte noch das Hinarbeiten
des Verf. auf ein gedankliches Erfassen der Logik des Ästhetischen von der Basis
des jeweils gegebenen Materials aus hervorzuheben sein.

Eine im heutigen Sammelwesen selbständige Stellung schreibt G. Swarzensky
der Privatsammlung Lanz-Amsterdam zu: »Man findet hier nicht die beiden Kate-
gorien, die im heutigen Sammelwesen die Hauptrolle spielen: weder den rekord-
haften Clou, noch die bloß gattungsmäßig abgestempelte Qualität . . .« Swarzensky
schließt an die Besprechung der Quattrocentoplastik der Sammlung durch A. Pit
(cf. Münchner Jahrbuch . . . 1912) die der Gemälde an: »Sie zeigen dieselbe aus-
gesprochene Vorliebe für Italien und das Quattrocento . . .« Zunächst führt er die
Venezianer und ihren Kreis vor: wirklich nach Meister oder Werk grandes passus
extra viam, z. B. Carlo Crivelli, ein Seltener, Tintoretto, in seiner hier besonders zu-
tage tretenden Frische und Kraft; dann eine Ariadne, in ihrer köstlichen Gegen-
ständlichkeit und künstlerischen Behandlung von ausgeprägter Eigenart und doch
noch unbestimmt nach ihrer Herkunft (V. Catena oder Bonsignori?), und Nessus
und Deianira, slark in der Komposition, abgewogen in den Bewegungsmotiven,
fein in der Stimmung, ebenfalls von noch unbekannter Hand. Doch es hat wenig
Wert, sie nur namhaft zu machen.

F. Knapp bringt seine kritische Würdigung der Würzburger Sammlungen (cf.
Münchner Jahrbuch .. . 1913) mit der Besprechung der Gemälde der außerdeutschen
Schulen zum Abschluß: er geht dabei auf das Formale, besonders gerne auf das
Koloristische ein, forscht, wo die Zuschreibung noch ganz fehlt oder doch unsicher
ist, nach den Meistern oder der Schule, umspannt das Detail mit der großen Linie
der Entwicklung im ganzen und in ihrer Differenzierung nach den Problemen,
ihren Gestaltern und den nationalen beziehungsweise lokalen großen Zentren. Den
Sammlungen Würzburgs fehlen Werke des florentinischen Quattrocento — in dem
der Verf, die Glanzzeit der Renaissance sieht — ganz, die Hochrenaissance ist nur
schwach vertreten, die klassische holländische Landschaftsmalerei und die Tier-
malerei fallen fast ganz aus. Doch finden sich »manche Stücke interessant für die
Spezialforschung oder für die Lehrtätigkeit der Dozenten«, z. B. zwei Porträts, die
der Verf. als neapolitanisch um 1620 anspricht, während früher und neuerdings
wieder das eine, »Cardanus«, keinem Geringeren als Velasquez zugesprochen wurde,
wogegen der Verf. mit gutem Grund den starken Kontrapost sowie auch die Mal-
weise, die »zu wenig realistisch in der Bildung« ist, geltend macht. Auch der
Name Caravaggio (Schule) anerkennt das Starke des Bildes. In Würzburg darf
man Werke von Tiepolo erwarten: von Tiepolo dem Älteren ein breitgemalter Rab-
binerkopf, von Tiepolo dem Jüngeren unter anderem eine »Susanna im Bade« mit
französischem Einfluß, »besonders bei dem Raffinement und Eleganz des technischen
Vortrages«. Die niederländischen Schulen weisen an Gutem mehr auf, freilich nicht
aus dem großen 15. Jahrhundert, z. B. »von dem bisher wenig beachteten« Matthias
van Plattenberg (1608—1660) »Sturm an der Küste, von dem seltenen Willem
van Diest (gest. 1693) »Seestück« und mehreres andere.

Außerdem noch: H. Stöcklein, Orientalische Waffen aus der Residenz-Büchsen-
kammer im Ethnographischen Museum, München.

Den Beiträgen sind angefügt die Berichte über die Neuerwerbungen und Ver-
änderungen in den staatlichen Galerien für das Jahr 1914.

München. Georg Schwaiger.
 
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