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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 13.1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3622#0082
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Besprechungen.

Franz Ferdinand Baumgarten, Das Werk Conrad Ferdinand Meyers.
Renaissanceempfinden und Stilkunst. 280 S. C. H. Becksche Verlagsbuch-
handlung Oskar Beck. München 1917.
Das Buch ist in mehr als einer Hinsicht interessant, zunächst methodisch, dann
wegen einiger allgemeiner Probleme, die es behandelt und die z. B. mit dem Worte
Renaissancismus oder mit der Frage Dichtung und bildende Kunst bezeichnet
werden, weiter um des Künstlers willen, dem es gilt, und schließlich durch die
Oeistesart des Verfassers.

Was die Methode angeht, so gibt der Autor weder eine Biographie noch eine Ge-
schichte der Werke, sondern eine ästhetische Zergliederung und Beurteilung. Das ist
im Sinne dieser Zeitschrift zu begrüßen. Freilich lag dieser Fortschritt nicht nur in
der Luft, sondern er ist auch bereits von anderen vorher gemacht worden. Zudem
bleibt Baumgarten auf halbem Wege stehen. Zwar geht er vor allem auf das Werk
ein, aber er geht weit weniger vom Werke aus als von allerlei mittelbaren Quellen,
wie Briefen, aufgezeichneten Gesprächen, biographischen Mitteilungen des Dichters
und seiner Umgebung, Urteilen anderer Künstler über ihn usf. Das Buch stellt
also wohl künstlerische Fragen, doch bei ihrer Beantwortung sieht es nicht in erster
Linie auf den künstlerischen Befund; es spricht über die Werke, indessen nicht ge-
nügend aus ihnen heraus. Wie Fechner eine Ästhetik von oben und eine von unten
unterschied, so hat man hier das Beispiel einer Ästhetik von außen im Gegen-
satze zu einer von innen. Die Forderung, ein Kunstwerk müsse aus sich selbst
heraus verstanden und beurteilt werden, führt heute jeder auf der Zunge, und der
Titel dieses Buches mit seiner Beschränkung auf das Werk scheint einen bedeut-
samen Schritt in dieser Richtung anzukündigen: um so mehr fällt das vielfach Ver-
altete seiner Arbeitsweise auf. Z. B. ist es bezeichnend, daß der künstlerische Be-
stand der Werke einigermaßen umfassend nur da aufgenommen wird, wo von den
»Problemen«, d. h. den Ideen, und von den Charakteren die Rede ist. Wenn Walzel
sich kürzlich darüber geäußert hat, wie die Literaturwissenschaft von der arbeits-
technisch reiferen Kunstwissenschaft befruchtet werden könne, so ist dazu in erster
Linie wohl zu sagen: alle Anregungen im einzelnen zu Fragestellungen an die
Dichtung, die denen analog sind, wie sie etwa von Wölfflin und anderen an die
bildende Kunst herangebracht werden, bleiben nebensächlich gegenüber der Haupt-
haltung des Wolf Hinsehen Forschens, dem engen Anschlüsse an die Werke, der
eindringenden Betrachtung der Kunst selber. Denn was unterscheidet Wölfflin in
erf L.inie von seinen Vorgängern? Die Zurückdrängung der literarischen, der
S Vrfi " Quellen zugunsten der künstlerischen. Baumgarten aber bevorzugt ent-
schieden Nebenquellen, literarische im außerkünstlerischen Sinne.

Natürlich darf und muß man bei wissenschaftlichen Untersuchungen immer
wieder mit bestimmten Fragestellungen an die Werke herantreten, und dabei können
die Nebenquellen allerlei Einstellungen vermitteln; aber zuerst ergibt sich die be-
sondere Art der Fragen, die man stellt, am besten aus der möglichst reinen Auf-
 
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