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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 14.1920

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Schmarsow, August: Rhythmus in menschlichen Raumgebilden
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Rodenwaldt, Gerhart: Methodologisches
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https://doi.org/10.11588/diglit.3620#0191
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BEMERKUNGEN. ] 87

ist die volle Verschmelzung rhythmischer und optischer Wirkungen!« — Deshalb habe
ich immer von einem dynamischen Vollzuge solcher Gesamtanlagen des Barock
gesprochen, wie andererseits von einem Wiederaufbegehren des Innenlebens als
der treibenden Kraft des Schaffens. Da kommen die Grundbegriffe zu ihrem Recht,
die ich in »Barock und Rokoko« schon 1897 beigetragen hatte, sogar im Anschluß
an die »rhythmische Travee« Geymüllers bei Bramante, und mit Hinweis auf die
Musik als Quelle vergleichender Begriffe, auf die Wirkung des »melodischen Rhyth-
mus«, statt mit der Harmonie der Verhältnisse im ruhigen Stillstand auszukommen
(a. a. O. S. 39-42).

Ich hoffe, daß wir eigentlichen Vertreter der Kunstwissenschaft so auch zur
vorurteilsfreien Verständigung gelangen werden. Schlägt einmal diese Stunde des
Einheitsbedürfnisses, dann haben wir nicht vergeblich nach stetiger Vertiefung ge-
rungen.

Methodologisches.

Von

Gerhart Rodenwaldt.

Sind Wölfflins »Grundbegriffe« eine kunstgeschichtliche, eine praktisch-methodo-
logische oder eine philosophische Untersuchung? Wären sie das erstere; so wäre
ein rein historischer Titel angebracht gewesen. Im zweiten Falle hätte die Über-
schrift zweckmäßiger gelautet »Kunstgeschichtliche Hilfsbegriffe«. Wenn sie das dritte
wären, hätten die Grundbegriffe vielleicht richtiger als kunstwissenschaftliche oder
kunstgeschichtsphilosophische bezeichnet werden müssen. Im ersteren Falle wären
sie eine kunsthistorische Interpretation des Wesens des Barock, im anderen ein Bei-
trag zur praktischen Methodik der kunstgeschichtlichen Forschung gewesen, der an
einem historischen Musterbeispiel geeignete Hilfsmittel zum Nachweise kunstge-
schichtlicher Entwicklung und ihrer Interpretation an die Hand gab; im letzten Falle
wäre das kunstgeschichtliche Beispiel nur Material zum Beweise begrifflich faßbarer
Gesetze oder Parallelerscheinungen der kunstgeschichtlichen Entwicklung gewesen.
Die reichlich einsetzende Kritik hat bereits nachgewiesen, daß dieses philosophische
Ziel nicht oder nur unvollkommen erreicht ist. Entkleiden wir aber die Kategorien
ihrer philosophischen Umhüllung, so bleibt ein Meisterwerk kunstgeschichtlicher
Interpretation übrig, und die Kategorien werden zugleich als Hilfsbegriffe, die je
nach Stoff und Thema vereinfacht, vermehrt und variiert werden können, ein nütz-
liches pädagogisches Vorbild bleiben. Diese Auffassung entspricht wohl allerdings
nicht der durch den Titel festgelegten Absicht des Verfassers, aber sie nimmt dem
Werk den Zwiespalt, den die leicht entfernbare philosophische Hülle hervorbringt.

Dazu muß der Begriff der Kunstgeschichte allerdings etwas weiter oder etwas
anders aufgefaßt werden, als es Wulff in seinen »Grundlinien und kritischen Er-
örterungen zur Prinzipienlehre der bildenden Kunst« tut1). Auch dieser Titel ist
nicht ganz sinnentsprechend, insofern als es sich um eine Prinzipienlehre nicht der
bildenden Kunst, sondern der Wissenschaft von der bildenden Kunst handelt. Auf
die Gefahr hin, die klare Systematik Wulffs zu verwirren und die Fragen zu kompli-
zieren, möchte ich auf einige methodologische Parallelfragen kurz hinweisen, die
vielleicht bei so allgemeinen grundlegenden Erörterungen Beachtung verdienten.
 
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