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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 15.1921

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Wolf, Johannes: Hugo Goldschmidt
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https://doi.org/10.11588/diglit.3623#0458
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Bemerkungen.

Hugo Goldschmidt.

Von
Johannes Wolf.

Am 26. Dezember 1920 starb Hugo Goldschmidt. Mit ihm ist einer der fleißig-
sten musikwissenschaftlichen Arbeiter dahingegangen. Am 19. September 1859 zu
Breslau geboren, Jurist von Hause aus, kam er über den Sängerberuf zur Wissen-
schaft. Ihn trieb es, die im Unterrichte Stockhausens gewonnenen Kenntnisse
historisch zu vertiefen. Wenn er auch nicht verkannte, daß in den kirchlichen Ge-
sangschulen seit alters her die solistische Ausbildung eine reiche Blüte erlebte, die
in fein geschwungenen, tonreichen Melodien des gregorianischen Gesanges ihren
Ausdruck fand, so setzte seine Forschung bewußt und mit einem gewissen Recht
doch erst in der Zeit der Spätrenaissance ein, die in ihren monodischen Formen
den künstlerischen Einzelgesang forderte und seine schulmäßige Pflege zur Voraus-
setzung hatte. Eine erste Frucht seiner Studien, die unter den Augen Emil Bohns
heranreifte, war »Die italienische Gesangsmethode des 17. Jahrhunderts und ihre
Bedeutung für die Gegenwart«1), ein Werk, das für seine Zeit volle Anerkennung
verdient und auf tüchtiger Quellenkenntnis aufgebaut ist.

Seine weiteren Studien führten Goldschmidt nach Berlin, wo er als einer der
Leiter des Klindworthschen Konservatoriums auf das Musikleben Einfluß gewann,
Gesangunterricht erteilte und auch durch historische Konzerte für die Wiederbe-
lebung älterer Musik eintrat. Er war einer der ersten, der hier die reiche und dank-
bare Madrigalliteratur des 16. Jahrhunderts zu neuem Leben zu erwecken suchte.
Sein Hauptstreben galt aber der Musikgeschichte, betrachtet unter dem Gesichts-
winkel der Gesangspädagogik. Mit aller Eindringlichkeit suchte er den Geist des
17. Jahrhunderts, in dem für die virtuose Gesangstechnik .der Grund gelegt wurde,
zu erfassen. Bald beschäftigten ihn SpezialStudien über das Orchester *), bald solche
über das Formenmaterial3). Die bisher arg vernachlässigte römische Oper wurde
von ihm in ihrem Gegensatz zu der der Florentiner und Venetianer klar erkannt
und in einem besonderen Buche »Studien zur Geschichte der italienischen Oper im
17. Jahrhundert«4) behandelt. Aber auch der Venetianer Oper, die in Monteverdi
einen der glänzendsten Vertreter fand, kamen seine Forschungen zugute. Er erwies
den »Ritorno d'UHsse«5) als ein bedeutendes Werk Monteverdis und legte im 2. Band

') Breslau, Schlesische Buchdruckerei 1890.

2) »Das Orchester der italienischen Oper im 17. Jahrhundert« (Sammelbände der
IMG II [1900] Seite 16 ff.).

3) »Zur Geschichte der Arie- und Sinfonieformen« (Monatshefte für Musikge-
schichte 33).

4) Leipzig, Breitkopf und Härter 1901.

5) Claudio Monteverdis Oper: »II ritorno d'Ulisse in patria« (Sammelbände der
IMG IX, 570 ff.).
 
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