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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 16.1922

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Heft 1
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Schmarsow, August: Zur Lehre von Rhythmus
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https://doi.org/10.11588/diglit.3618#0124

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118 BEMERKUNGEN.

weil — Prosa oder Poesie — doch jede Aussprache vor allem verstanden sein will.
Der Sprachrhythmus ist also die Voraussetzung der Begreiflichkeit so der Verse wie der
Prosa, der alltäglichen wie der gehobenen oder schwungvollen Sprechweise. Wenn
die Dichtung ihn unter dem Versrhythmus verdeckt, so ist er darum doch nicht
minder vorhanden; denn ohne ihn würde überhaupt keine Sprachform da sein, noch
irgend ein logischer Gehalt darin.

Anme rkungen:

Metrum und Rhythmus: Pierson, Metrique naturelle du langage (Paris,
Vieweg 1884, p. 8) unterscheidet folgendermaßen: »Le metre represente Uegalite tem-
porelle des moments successifs; le rhythme au contraire represente la dissimilation
dynamique de cette egalite.«

Prosa-Rhythmus und Vers-Rhythmus sind zwei ganz verschiedene
Rhythmen, schreibt Marcel Braunschvig, Le Sentiment du Beau et le Sentiment
Poetique (essai sur Vesthetique du vers), Paris, Alcan 1904, p. 51: >Der erstere ist ein
Rhythmus psychologischer Natur: er besteht darin, der Phrase eine Ausdeh-
nung zu geben, die der Weite des Gedankens gleichkommt, und sie durch ihre Ab-
messungen selbst die verschiedenen Grade der geistigen Spannung ausdrücken zu
lassen. Der andere ist ein Rhythmus mathematischer Art: er besteht darin,
die verschiedenen Teile des Verses gleich zu bemessen, die Verse in ihrer Ganzheit
genommen, und zuweilen auch die Gruppen von Versen, die zu Strophen vereinigt
sind.« — »So besteht zwischen dem Rhythmus der Poesie und dem der Prosa ein grund-
legender Unterschied. Dennoch sind die beiden Rhythmen, obwohl von verschie-
dener Natur, doch nicht einander entgegengesetzter Natur; sie können sich dem-
gemäß sehr gut zueinander gesellen. So findet man in der Poesie häufig genug
einen psychologischen Rhythmus neben dem mathematischen und zuweilen in Prosa
einen mathematischen neben dem psychologischen Rhythmus,«

p. 143. >Le rhythme du vers nous procure avant tout une Sensation de beaute; mais
indirectement il peut aussi nous faire e'prouver une emotion poetique.^
 
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