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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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Tsudzumi, Tsuneyoshi: Rahmenlosigkeit des japanischen Kunststils
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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0073
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TSUNEYOSHI TSUDZUMI.

der Natur an: z. B. wie der Herbstvvind welke Blätter von Bäumen
abschüttelt und sie wirbelnd auf einen Fluß hinabfallen läßt.

Die Rahmenlosigkeit ist also der allgemeinste Stil unserer Kunst,
von ihr aus kann man die eigentümlichen Details unseres Kunst-
stils erklären, z. B. warum die Linienführung bei der Malerei von so
großer Wichtigkeit ist. Denn in den Linien ist der Wille des Künstlers,
sehr lebhaft hervorzutreten, und gerade dieser Wille muß die Einbil-
dungskraft des Betrachters zurecht ziehend und zerrend weiter fördern,
ohne daß dieselbe leicht in Willkür geriete. Wenn es einem japanischen
Kunstwerke manchmal scheinbar an der Einheit mangelt — bemerke,
das sei kein Erfordernis für unsere Kunst — so soll die Intention
nach der Einheit wenigstens veranschaulicht werden, und wir können
schon mit dem ganz zufrieden sein, was man gern den Symbolismus
nennt. Während die Europäer alles möglichst veranschaulicht und
daher dargestellt haben wollen, ziehen wir hingegen Andeutungen und
Hinweisungen darauf vor und freuen uns darüber, daß unserer Phan-
tasie dadurch mehr Spielraum gewährt wird. Der Kunststil, die Rahmen-
losigkeit, ist eben in diesem Volkstum festgewurzelt.
 
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