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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 24.1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.14171#0080
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BESPRECHUNGEN.

ses" (S. 27). Damit wird eine strenge Trennung des Kunsterlebnisses von der ästhe-
tischen Naturbetrachtung erforderlich, und die letztere wird als „optischer Genuß-
akt" (S. 39) in den Vorhof des im strengen Sinne Ästhetischen verwiesen.

In diese metaphysisch unterbaute Lehre von einer apriorisch-ästhetischen Ge-
fühlsdynamik wird aber nun ein neues, transpersonales Moment eingeführt. O. ist
der entschiedenste Verfechter der vielumstrittenen Lehre von dem künstlerischen
Eigenwert des Materials. Die Gestaltung ist für ihn eine Auseinandersetzung des
Künstlers mit dem Stoff, die in ihrer Vollendung die „reine Gestalt" hervorbringt.
„Das Stofferlebnis ist das höchste Mysterium der Kunst" (S. 51). „Das ,Bild' wird
nicht dem Stoffe eingeprägt als etwas von außen Andringendes; es v/ächst aus ihm
heraus; es ist, wie Meister Eckhart lehrte, in ihm enthalten" (S. 52). Die beiden
scheinbar auseinanderfallenden Momente der Theorie — die schöpferische Seelen-
dynamik und die dem Stoff einwohnende künstlerische Formtendenz — werden durch
das mystische Motiv einer Verwandtschaft von Stoff und Seele zusammengehalten.
„Künstler sein ... heißt, in der Hingebung an den Stoff seine wesenhafte Struktur
sichtbar machen und die Strukturverwandtschaft mit der eigenen individuellen Seele
symbolisch zum Ausdruck zu bringen" (S. 52). Mit der mystischen Versenkung „in
die eigene individuierte Unendlichkeit, in die tota entitas individuationis" wird die
„wertstiftende Verbindung" der Pole „Stoff" und „Seele" wiederaufgenommen, die
„tragische Abkehr des Ich von seiner ureigenen Bestimmung" rückgängig gemacht
(S. 63 f.). Nicht zufällig also fiel in dem oben angeführten Zitat der Name des
Aleister Eckhart.

Um den nicht ganz einfachen Zusammenhang klar zu legen, glaubte ich von
der Gliederung der vorliegenden Schrift abgehen zu müssen. Ihr Verständnis wird
(ebenso wie das der „Grundlegung") dadurch erschwert, daß der Verf. die verschie-
denartigsten Einflüsse (Phänomenologie, Neukantianismus, Gestaltpsychologie, Sim-
mel) in einer Terminologie verbindet, die seine Intentionen nicht immer zur vollen
Klarheit bringt. An manchen Punkten wird man dem Verf. die Gefolgschaft ver-
sagen müssen, und namentlich scheinen mir die Ausführungen über den Sinn des
Materials den primitivsten Einwänden offen zu stehen. Wenn uns der Verf. auf S. 52
durch den Hinweis auf den Kupferstecher überzeugen will, daß nicht die Liebe zum
Bild sondern „die tiefe Sehnsucht nach den Geheimnissen des Materials" die Hand
des Künstlers führt, so macht gerade das Beispiel stutzig. Es heißt viel verlangen,
diese Wichtigkeit einer zur Übertragung dienenden Kupferplatte zuzugeben, deren
Eigenschaft als „rotes Metall" von „blitzender Oberfläche" mit dem Werk schwer-
lich etwas zu schaffen hat. Bei allen Einwänden wird man nicht die Linie eines von
dem Verf. tief und einheitlich gesehenen Phänomens aus den Augen verlieren. Ge-
rade der einheitliche Entwurf bringt auch für den, der Verzeichnungen und Ein-
seitigkeiten zu sehen glaubt, echte Erkenntnis zum Vorschein. Ich denke vor allein an
die Aufzeigung des Zusammenhanges von ästhetischer Gefühlsgestaltung und ethi-
scher Persönlichkeitsgestaltung oder an die Vertiefung des von der Fiedler-Hilde-
brandschen Ästhetik intellektualisierten Begriffes der künstlerischen Anschauung.
Berlin. Helmut Kuhn.

Felix Krueger: Neue psychologische Studien. Erster Band: Kom-
plexqualitäten, Gestalten und Gefühle. VI, 692 Seiten. — Zweiter Band: Licht
und Farbe. VI, 444 Seiten. München 1926, C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung.

Die Ästhetik ist zwar nicht ein Teil, auch nicht ein Anwendungsgebiet der
Psychologie, aber doch mit ihr durch vielerlei Beziehungen eng verbunden. Daher
ist für uns der Stand der Psychologie von erheblicher Bedeutung. In dem groß
 
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