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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 24.1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.14171#0269
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BESPRECHUNGEN.

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Plastiken. Er zeigt das, was er Schönheit nennt, an vielen einleuchtenden Beispielen.
Als überlegener und sachkundiger Techniker führt uns der Verf. am Gestrüpp der
technischen Einzelfragen vorbei die großen Wege, an denen der Aufbau, der Sinn
und das Wirken der Gebilde klar heraustreten. Er tut gut daran, die Gegenstände
nach ihrem Zweck gesondert zu besprechen. Nach den Werkbauten, die oft un-
bekümmert um die eklektischen Geschmackskonventionen aus ingenieurhaftem In-
stinkt eine eigene Gestaltung gefunden haben, geht es zu den Brücken, die mit den
Möglichkeiten des Eisentachwerks zu früher ungeahnten Lösungen hinführen, über
die Verladebrücken, Krane, Masten zu den Verkehrsfahrzeugen: Dampfer, Luftschiff,
Flugzeug, Kraftwagen und Eisenbahn. Interessant und durch reiches Bildmaterial
belegt ist die noch kurze Entwicklungsgeschichte der einzelnen Modelle. Wie das
Auto, von der Tradition des alten Wagens (Landauer) verführt, verhältnismäßig
lange braucht, bis es seinen endgültigen „Typ" rindet, wie das Luftschiff ohne Ab-
lenkung und Unterbrechung zu früher Vollendung kommt, weil es keine Vorfahren
hat (oder sie ignoriert) und sich deshalb ungehemmt auf technische Erfordernisse
werfen, nicht allein die Geschwindigkeit, sondern vor allem die Nutzlastenforderung
und die statische Stabilität ausbauen kann. So stellt sich dann hier das Gesetz der
Stromlinienform ein, wohlgemerkt aus praktischen Erwägungen, das auch für die
Ästhetik der Technik von entscheidender Bedeutung zu werden verspricht. Der Verf.
deutet die Konsequenzen, die mit der „starren Form" sich ergeben, leider nur an,
obwohl sich hier gerade eine weitere Perspektive öffnet, die den ästhetischen Eigen-
wert technischer Gestaltung umgreift. Denn so wie sie der Verf. legitimieren will,
geht es wohl nicht, wenn er auf S. 157 sagte: „Man darf vielleicht sagen, daß
technische Schöpfungen ,beseelte' Körper sein sollen und daß sie dann zu ,Typen'
geworden sind, wenn ihre Seele einen recht vollkommenen stofflichen und sinnlichen
Ausdruck erlangt hat." Auch ein „Ausgleich zwischen Funktion und Form" kann
den eigentlichen Sachverhalt nur von ungefähr treffen, weil dieser Dualismus erst
von einer späteren Konstruktion aufgeworfen wird, die eben von anderwärts ge-
gebenen Voraussetzungen ausgeht.

Um noch einen kritischen Punkt herauszuheben: die Aufrichtung einer Norm,
nach der die technischen Gebilde deutscher Herkunft eine ungleich höhere ästhe-
tische Befriedigung vermitteln als die Rußlands und Amerikas, muß doch befrem-
den. Gerade wenn man auf einem so internationalen Gebiete wie der Technik in der
speziellen Ausprägung eine nationale Sondernote feststellt, so beweist das nur, wie
sehr die Technik in den Kulturrahmen hineingewachsen und zum künstlerischen
und zeitlichen Ausdruck geworden ist. Die nationale Eigentümlichkeit sollte doch
in diesem Zusammenhang der Bewertung entzogen sein und diese dafür mehr dem
Grade der „Typenbildung" zugute kommen, dann bewegen wir uns auf dem Boden
einer objektiven Strukturforschung.

Daß diese Fragen vom Verf. in wichtigen Punkten zur Diskussion gestellt und
angebahnt wurden, bleibt das Verdienst dieser bedeutsamen Veröffentlichung. Hof-
fentlich gibt sie den Auftakt, daß diese Auseinandersetzungen nun auch von ästhe-
tischer Seite aufgenommen werden, nachdem die Techniker und Architekten von der
anderen Seite die Brücke geschlagen haben.

Berlin. Klaus Berger.

Walter Vetter, Der humanistische B i 1 d u n g s g e d a n k e in
Musik und Musikwissenschaft. Langensalza, Hermann Beyer & Söhne
(Beyer & Mann). Pädagogisches Magazin. Heft 1181. 39 Seiten.

Die Musikwissenschaft ist mit dem humanistischen Bildungsgedanken verbunden
dank der Eigenart der ihrer pragmatischen Darstellung unterliegenden Zeiterschei-
 
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