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BEMERKUNGEN.
deutlichen: Max Eyth: „Der Kampf um die Cheopspyramide". Die köstliche
Grundidee dieses Werkes, der Kampf der beiden Brüder Thinker, basiert völlig auf
der Tatsache, daß der eine von ihnen Ingenieur, der andere Ägyptologe ist. Beide
Brüder sind dem großen Erlebnis, das die Cheopspyramide in ihnen auslöst, in be-
rufstypischer Weise unterworfen. Der Ingenieur sieht nur die Steinmassen, die in
geradezu idealer Nähe des Nils aufgehäuft gewissermaßen nur darauf warten, zur
Errichtung eines großen Nilstaudammes verwendet zu werden, um so die endliche
Lösung des Bewässerungsproblemes zu ermöglichen.
Der andere erkennt in der Cheopspyramide das gewaltigste Denkmal mensch-
lichen Wissens, sie ist ihm das Heiligtum der Wissenschaft, und er gerät bei jeder
Verschandelung dieses Heiligtums durch nameneinritzende Globetrotter in verzwei-
felten Zorn.
Der Kampf dieser beiden Brüder um die Anerkennung bzw. Verwirklichung
ihrer Ansicht bildet den Inhalt dieses erfrischend fröhlichen Buches. Der Kampf
selbst wird aber nur möglich durch die „von Berufs wegen" notwendig entgegen-
gesetzten Anschauungen der Brüder. Der Beruf ist hier nicht nur Ausdruck des
Charakters, sondern vor allem das Fundament der Handlung.
Ähnlich liegt der Fall bei St. Zweigs Novelle „Verwirrung der Gefühle".
Der Hauptheld muß Lehrer sein, nicht seinem Charakter nach, sondern um die
Handlung zu eindringlicher Wirkung zu bringen. Aber andererseits ist das Pro-
blem der homosexuellen Beziehungen zwischen Lehrer und Schüler auch nicht gut
als ein typisches Berufsproblem des Lehrers anzusprechen. Max Eyths „Be-
rufstragik" (stofflich das Problem von Fontanes Ballade „Die Brücke am Tay")
ist ebenfalls hier einzugliedern. Der Titel entspricht nicht dem Problem. Mensch-
liche Schwächen führen zu dem Zusammensturz der Brücke, nicht tragische
Konflikte, die zu innerst aus dem Beruf des Ingenieurs erwachsen.
R. Herzogs Wirtschaftsromane, so die „Wiskottens", die „Hanseaten" ziehen
ihre Handlung lediglich aus den Berufen ihrer Helden. Auch Sudermanns
„Toller Professor" ist hier zu nennen.
Zum Schluß dieses Abschnitts müssen wir betonen, daß es sich bei allen diesen
Zuordnungen natürlich nicht um strenge Trennungen handeln kann. Die Probleme
sind in allen Werken nicht eindeutig durchgeführt, andere Problemkreise werden
berührt oder geschnitten, nur das Vorherrschende sollte hervorgehoben, das Typische
zusammengefaßt werden.
III.
Zum Verständnis der eigentlichen Berufsprobleme ist es notwendig, auf eine
Unterscheidung hinzuweisen. Wir müssen nämlich die subjektive Seite des Berufes
vom „objektiven" Kultursystem trennen. Die subjektive Seite enthält stets als für
uns wesentliches Moment die Stellungnahme des Menschen zu seinem objektiven Be-
ruf. Und in dieser Stellungnahme liegen bereits die Wurzeln für eine ganze Anzahl
dichterischer Probleme. Sie kann entweder positiv oder negativ sein, das heißt, der
Mensch will seinen Beruf (Berufswille) oder er erduldet ihn. Das Erdulden
führt naturgemäß selten zu eigentlichen „Berufsproblemen", hier wird stets das
Charakterproblem beherrschend sein. In der Dichtung finden sich ja zahllose Bei-
spiele solcher Tragödien aus Berufserduldung, so daß Beispiele sich hier erübrigen.
Für uns interessanter sind die Probleme, die im Berufswillen ihre Wurzeln
haben. Wieder sind es drei Schichten von Problemen.
1. Der Berufswille stößt auf entgegengesetzte mensch-
liche Anlagen. Als Beispiel diene der Gewissenskampf des „Ketzers von
BEMERKUNGEN.
deutlichen: Max Eyth: „Der Kampf um die Cheopspyramide". Die köstliche
Grundidee dieses Werkes, der Kampf der beiden Brüder Thinker, basiert völlig auf
der Tatsache, daß der eine von ihnen Ingenieur, der andere Ägyptologe ist. Beide
Brüder sind dem großen Erlebnis, das die Cheopspyramide in ihnen auslöst, in be-
rufstypischer Weise unterworfen. Der Ingenieur sieht nur die Steinmassen, die in
geradezu idealer Nähe des Nils aufgehäuft gewissermaßen nur darauf warten, zur
Errichtung eines großen Nilstaudammes verwendet zu werden, um so die endliche
Lösung des Bewässerungsproblemes zu ermöglichen.
Der andere erkennt in der Cheopspyramide das gewaltigste Denkmal mensch-
lichen Wissens, sie ist ihm das Heiligtum der Wissenschaft, und er gerät bei jeder
Verschandelung dieses Heiligtums durch nameneinritzende Globetrotter in verzwei-
felten Zorn.
Der Kampf dieser beiden Brüder um die Anerkennung bzw. Verwirklichung
ihrer Ansicht bildet den Inhalt dieses erfrischend fröhlichen Buches. Der Kampf
selbst wird aber nur möglich durch die „von Berufs wegen" notwendig entgegen-
gesetzten Anschauungen der Brüder. Der Beruf ist hier nicht nur Ausdruck des
Charakters, sondern vor allem das Fundament der Handlung.
Ähnlich liegt der Fall bei St. Zweigs Novelle „Verwirrung der Gefühle".
Der Hauptheld muß Lehrer sein, nicht seinem Charakter nach, sondern um die
Handlung zu eindringlicher Wirkung zu bringen. Aber andererseits ist das Pro-
blem der homosexuellen Beziehungen zwischen Lehrer und Schüler auch nicht gut
als ein typisches Berufsproblem des Lehrers anzusprechen. Max Eyths „Be-
rufstragik" (stofflich das Problem von Fontanes Ballade „Die Brücke am Tay")
ist ebenfalls hier einzugliedern. Der Titel entspricht nicht dem Problem. Mensch-
liche Schwächen führen zu dem Zusammensturz der Brücke, nicht tragische
Konflikte, die zu innerst aus dem Beruf des Ingenieurs erwachsen.
R. Herzogs Wirtschaftsromane, so die „Wiskottens", die „Hanseaten" ziehen
ihre Handlung lediglich aus den Berufen ihrer Helden. Auch Sudermanns
„Toller Professor" ist hier zu nennen.
Zum Schluß dieses Abschnitts müssen wir betonen, daß es sich bei allen diesen
Zuordnungen natürlich nicht um strenge Trennungen handeln kann. Die Probleme
sind in allen Werken nicht eindeutig durchgeführt, andere Problemkreise werden
berührt oder geschnitten, nur das Vorherrschende sollte hervorgehoben, das Typische
zusammengefaßt werden.
III.
Zum Verständnis der eigentlichen Berufsprobleme ist es notwendig, auf eine
Unterscheidung hinzuweisen. Wir müssen nämlich die subjektive Seite des Berufes
vom „objektiven" Kultursystem trennen. Die subjektive Seite enthält stets als für
uns wesentliches Moment die Stellungnahme des Menschen zu seinem objektiven Be-
ruf. Und in dieser Stellungnahme liegen bereits die Wurzeln für eine ganze Anzahl
dichterischer Probleme. Sie kann entweder positiv oder negativ sein, das heißt, der
Mensch will seinen Beruf (Berufswille) oder er erduldet ihn. Das Erdulden
führt naturgemäß selten zu eigentlichen „Berufsproblemen", hier wird stets das
Charakterproblem beherrschend sein. In der Dichtung finden sich ja zahllose Bei-
spiele solcher Tragödien aus Berufserduldung, so daß Beispiele sich hier erübrigen.
Für uns interessanter sind die Probleme, die im Berufswillen ihre Wurzeln
haben. Wieder sind es drei Schichten von Problemen.
1. Der Berufswille stößt auf entgegengesetzte mensch-
liche Anlagen. Als Beispiel diene der Gewissenskampf des „Ketzers von