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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 28.1934

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Del-Negro, Walter: Synthesen der abendländischen Kunstgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.14173#0372
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Synthesen der abendländischen Kunstgeschichte.

Von

Walter Del-Negro.

Die Abkehr von der rein kausalen Methode, die bis in die Bezirke der
exakten Wissenschaften hinein zu beobachten ist, die vor allem auf den
Gebieten der Biologie und Psychologie zu den fruchtbarsten Erkennt-
nissen unter dem Gesichtspunkt der Struktur- und Ganzheitsbegriffe ge-
führt hat, darf auch vor den geschichtlichen Disziplinen nicht haltmachen.
Wenn irgendwo, so muß auch hier die bisherige (pragmatische) Methode,
die zwischen den einzelnen Tatsachen nur Beziehungen ursächlicher
Art zu stiften vermochte und daher grundsätzlich nie über Bruchstück-
haftes hinausgelangte, durch eine morphologische Methode er-
gänzt werden.

Einen ersten groß angelegten Versuch dieser Art sehen wir im Werke
Spenglers vor uns. Sein Fehler war der eines allzu starren Schema-
tismus. Die Verfeinerung der neuen Methode bringt es mit sich, daß mit
schärferem Spürsinn auch das Eigenleben und die Eigengesetzlichkeit
der einzelnen Kulturgebiete zu ihrem Rechte gelange; daß erkannt werde,
wie vielfältig verflochten das geschichtliche Leben einer Epoche ist; daß
weiter eingesehen werde, wie die berühmte Herrschaft des Zeitgeistes ein
gefährliches Schlagwort darstellt, das den nicht wegzuleugnenden Charak-
ter der Zeitbedingtheit, der allen gleichzeitigen Äußerungen der Kultur
und des politischen Lebens zweifellos anhaftet, zum alleinigen Stigma des
Geschehens macht und dabei übersieht, wie unter dieser Hülle einer zeit-
bedingten Mentalität doch die verschiedensten Entwicklungslinien in den
verschiedensten Stadien ihres Aufstieges und Niedergangs sich überkreu-
zen und in buntester Mannigfaltigkeit erst das ausmachen, was wir den
geschichtlichen Querschnitt einer Epoche nennen können.

Es soll nun hier versucht werden, im Sinne einer Morphologie der
Kunstgeschichte, die den angedeuteten Richtlinien zu folgen hätte, Stel-
lung zu nehmen zu den beachtlichen Synthesen der abendländischen
Kunstgeschichte, die Richard Hamann und Wilhelm Pinder
unternommen haben.
 
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