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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 30.1936

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Laurila, Kaarle Sanfrid: Die Ästhetik in den nordischen Ländern, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14193#0274
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(S. 146). In der zweiten Abhandlung (Das Wirklichkeitsproblem in der
früheren Novellistik Hallströms38) sucht der Verf. ebenso ein allgemeines
ästhetisches Problem, hier das Wirklichkeitsproblem, an einem konkreten
Beispiel, nämlich an einigen Novellen Hallströms zu beleuchten. Die
Analyse der Dichtwerke und ihre psychologisch-kritische Beleuchtung
wird in beiden Abhandlungen in tiefeindringender, glänzender Weise
ausgeführt. In dieser Beziehung können beide Abhandlungen als Muster-
beispiele einer echten, psychologisch vertieften literarischen Analyse und
Kritik gelten. In ihnen wird in fesselnder und überzeugender Weise ge-
zeigt, wie die analysierten Werke der beiden Dichter eng und tief mit
ihrer Persönlichkeit, Weltanschauung und mit ihren Erlebnissen zusam-
menhängen, daraus hervorwachsen und darin ihre tiefste Erklärung fin-
den, ihrerseits aber wiederum die Persönlichkeit dieser Dichter, ihre
künstlerische Tätigkeit, ihr Phantasie-, Gemüts- und ihr ganzes Innen-
leben beleuchten. Ich kann aber nicht finden, daß die gemachten Ana-
lysen darüber hinausgehende, eigentliche ästhetisch-theoretische Einsich-
ten als Ergebnis lieferten. —

Mit eigentlichen ästhetischen Theorien beschäftigt sich dagegen und
sogar ziemlich ausführlich John Landqvist (Literaturforscher, Kri-
tiker und Philosoph, seit 1936 Prof. der Pädagogik und der Psychologie
in Lund) in seinem „Menschenerkenntnis" betitelten Buch39). In einem
Kapitel gibt er eine kritische Darstellung der Einfühlungstheorie, zu der
er schließlich bei aller Anerkennung ihrer Vorzüge eine ablehnende Stel-
lung nimmt. Die Einfühlungstheorie in der von Th. Lipps dargestellten
Form scheint für Landqvist unannehmbar zu sein besonders aus dem
Grund, weil er die vollständige Identifikation des Subjekts und des Ob-
jekts, welche nach Lipps bei der Einfühlung stattfindet, für eine irrtüm-
liche Deutung der Tatsachen halten muß. Landqvist behauptet dagegen:
„Die künstlerische Anschauung bedeutet somit nicht ein vollständiges
Aufgehen in den Gegenstand. Sie ist in ihrem innersten Wesen eine
Verbindung zwischen einem Ich und Du". (S. 169.) In einem anderen
Kapitel vergleicht Landqvist die Geschichtsschreibung und Dichtkunst
miteinander und kommt dabei zu dem Ergebnis, daß sie beide den-
selben Zweck haben, nämlich „wahre Erkenntnis vom Leben mitzuteilen"
(S. 134). Der Unterschied zwischen ihnen besteht nur darin, in welcher
Form sie diese „wahre Erkenntnis" mitteilen. — Ein drittes Kapitel ist
der Behandlung des künstlerischen Symbols gewidmet. Das Symbol
scheint für Landqvist ein ästhetischer Hauptbegriff — vielleicht sogar

38) Verklighetsproblemet i Hallströms tidigare novellistik.

39) Människokunskap. En Studie över den historiska och den konstnärliga kuns-
kapen. (Eine Studie über die historische und die künstlerische Erkenntnis.) Stock-
holm 1920.
 
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