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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 30.1936

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Bruchhagen, Paul: Hanslick und die spekulative Ästhetik
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https://doi.org/10.11588/diglit.14193#0286
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272

BEMERKUNGEN

Lebendige darf nicht durch bloße Auffassung einer Beziehung unter eine abstrakte
Kategorie fallen, sondern muß in seiner Selbständigkeit erscheinen ..."

Für Hanslick (S. 151) wie für Vischer ist die Idee nicht Stoff, sondern Inhalt
und das Wesen der Idee nach Kapitel II Bewegung. Die spekulative Darstellung des
Reiches der Ideen, welche von oben her, vom Allgemeinsten zum Individuellen fort-
schreitet, beeinflußt Hanslicks Auffassung von der musikalischen Idee. Vergleiche
den Einfluß der deduzierenden Denkweise bei Hanslick S. 70 f. und S. 80.

3. Die Forschung hat bereits festgestellt, daß Hanslick in der ersten Auflage sei-
ner Schrift von einer symbolischen Bedeutung der Musik im Sinne der speku-
lativen Ästhetik ausgegangen ist.

4. Hanslick unterstreicht auf den Seiten 63, 125, 162, 166, daß die Musik
Material und Inhalt nicht trennen könne. Er spielt dabei auf den Gegensatz zur
Poesie an. Dies entwickelt Hegel genauer III, 147 ff.: Die Musik macht nicht „die
Trennung des äußerlichen Materials von dem geistigen Inhalt wie die Poesie, in wel-
cher die Seite der Vorstellung sich von dem Ton der Sprache unabhängiger, und von
dieser Äußerlichkeit von allen Künsten am meisten absondert, in einem eigentümlichen
Gange geistiger Phantasiegestalten als solcher ausbildet. Freilich könnte hier be-
merkt werden, daß die Musik, nach dem, was ich vorhin ausführte, umgekehrt die
Töne von ihrem Inhalte loslösen und sie dadurch verselbständigen könne, diese Be-
freiung aber ist nicht das eigentlich Kunstgemäße, das im Gegenteil darin besteht,
die harmonische und melodische Bewegung ganz zum Ausdruck des einmal erwählten
Inhalts und der Empfindungen zu verwenden, welche derselbe zu erwecken imstande
ist ...."

Hanslick geht von dem Vergleich mit den anderen Künsten, z. B. im Kapitel VII,
aus, wenn er die Anwendung des Inhaltsbegriffs auf die Musik in der bekannten
juristisch-formalistischen Weise überspitzt. Vergleiche damit Hegel III, 129. Dort
heißt es von der Musik: „Ihr Inhalt ist das an sich selbst Subjektive und die Äuße-
rung bringt es gleichfalls nicht zu einer räumlich bleibenden Objektivität, sondern
zeigt durch ihr haltungsloses freies Verschweben, daß sie eine Mitteilung ist, die,
statt für sich selbst einen Bestand zu haben, nur vom Inneren und Subjektiven ge-
tragen, und nur für das subjektive Innere da sein soll. ... Diese gegenstandslose
Innerlichkeit in betreff auf den Inhalt wie auf die Ausdrucksweise macht das For-
melle der Musik aus. Sie hat zwar auch einen Inhalt, doch weder in dem Sinne der
bildenden Künste noch der Poesie; denn was ihr abgeht, ist eben das objektive Sich-
ausgestalten, sei es zu Formen wirklicher äußerer Erscheinungen, oder zur Objekti-
vität von geistigen Anschauungen und Vorstellungen ..."

Hanslick äußert sich S. 125, 169, 171 dahin, das Thema eines Tonstückes sei
sein wesentlicher Inhalt. Dasselbe betont Hegel III, 136: Es läßt sich nicht leugnen,
„daß auch in einem musikalischen Werke durch die Art und Weise, wie ein Thema
sich weiter leitet, ein anderes hinzukommt, und beide nun in ihrem Wechsel oder in
ihrer Verschlingung sich forttreiben, verändern, hier unterzugehen, dort wieder auf-
zutauchen, jetzt besiegt scheinen, dann wieder siegend eintreten, sich ein Inhalt in sei-
nen bestimmteren Beziehungen, Gegensätzen, Konflikten, Übergängen, Verwicklungen
und Lösungen explizieren kann ..Trotz der Überspitzung des Inhaltsbegriffes ver-
steht Hanslick S. 171 f. unter dem musikalischen Inhalt geistigen Inhalt, Geistiges.
Zu diesem Punkte äußert sich Hegel wie folgt III, 142: „Fragen wir ... nach der
von den übrigen Künsten unterschiedenen Auffassungsweise, in deren Form die
Musik, sei sie begleitend oder von einem bestimmten Text unabhängig, einen beson-
deren Inhalt ergreifen und ausdrücken kann, so sagte ich bereits früher, daß die
Musik unter allen Künsten die meiste Möglichkeit in sich schließe, sich nicht nur
 
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