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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 31.1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.14170#0374
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BESPRECHUNGEN

Sinne." Hervorgehoben sei noch, daß die Prinzipien der Steigerung und Häufung
am Kunstwerk ohne Rücksicht aufs Ganze zur Geltung kommen, die der Schlichtung
und Ordnung dagegen Prinzipien sind, die ihren Sinn und ihre Auswirkung erst am
Kunstwerk als ganzem erfahren. Es ist unleugbar, daß N. in diesen vier Prinzipien
klare, einleuchtende und auf jede Kunstgattung anwendbare Gesichtspunkte der
vergleichenden Untersuchung gefunden hat, nur erscheinen auch sie uns im Grunde
noch zu allgemein, ich möchte sagen zu weitmaschig, als daß sich in ihnen viel frucht-
bare Einzelergebnisse für eine wechselseitige Erhellung der Künste einfangen ließen.
Vor allem glauben wir auch nicht, daß sich mit ihrer Hilfe jene Hauptaufgabe lösen
lasse, die N. eingangs umreißt, nämlich zu ergründen, „wie es der Dichter, der Maler
und Musiker beginne, dem gewöhnlichen Alltag das bedeutende Werk zu entheben,
dem ewigen Wechsel des Geschehens das bleibende Symbol des Daseins zu entreißen".
Jene Prinzipien sind, am eigentlichen Schaffensakt gemessen, doch nur sekundäre
Gestaltungsmomente, vermögen daher über das Geheimnis des künstlerischen Ge-
burtsvorgangs selbst nicht das mindeste auszusagen. Ich sagte schon früher, die
Stärke und der bleibende Wert von N.s Werk scheine mir weniger in der Verfolgung
seines Gesamtziels zu liegen, deren Gelingen ich dahingestellt sein lassen möchte,
als vielmehr in den Einzelergebnissen.

So hat man, wenn der Verfasser in den weitaus umfangreichsten Abschnitten
seines Buches nun jene vier Gestaltungsgrundformen in Musik, bildender Kunst und
Dichtkunst im einzelnen mit vergleichenden Blicken hinüber und herüber verfolgt,
trotz mancher grundsätzlichen Bedenken doch Seite für Seite seine helle Freude an
den so überaus zahlreichen feinen und treffenden, von umfassender Kenntnis und
liebevollem Kunstverständnis zeugenden Einzelbeobachtungen, -beurteilungen und
-ergebnissen und legt das Buch, in dem man gern immer von neuem lesen wird, mit
reicher Belehrung aus der Hand.

Greifswald. Kurt Gassen.

Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegel-
kreis. Herausgegeben von Josef Körner. Erster Band. 667 S. Verlag Ru-
dolf M. Rohrer, Brünn, Wien, Leipzig.

Josef Körner hat wiederholt von einem umfangreichen Autographen-Fund be-
richtet, der ihm im Jahre 1929 auf Schloß Coppet am Genfer See geglückt ist. Als
er dort vergeblich nach der inzwischen an andrer Stelle aufgetauchten Korrespondenz
August Wilhelm Schlegels mit Madame de Stael forschte, fielen ihm zwei mächtige
Kartons in die Hände, welche seit über 100 Jahren wohlversiegelt in 40 Päckchen
insgesamt über 2000 Briefe enthielten, die August Wilhelm während seines Aufent-
haltes in Coppet, d. h. zwischen 1804 und 1812, von den verschiedensten Absendern
empfangen hat. Jetzt endlich ist es möglich geworden, diesen um wichtige Einzel-
funde vermehrten Schatz zu veröffentlichen. Der erste Textband liegt vor, ein zweiter
soll ihm folgen, ein dritter Band wird den Kommentar enthalten. In seiner Anlage
paßt sich also das Werk den früheren Brief-Publikationen aus dem Schlegel-Kreis
an, die wir Körner verdanken. Um dies noch vorweg zu sagen: Der vorliegende Band
ist so würdig und schön ausgestattet, daß es schon aus diesem Grunde eine Freude
ist, ihn zu besitzen. Leider ist der Preis recht hoch, und nur Begüterte werden daran
denken können, ihn sich als Eigentum zu erwerben.

Körner nennt die Jahre von 1804 bis 1812 die „Krisenjahre der Romantik". In
ihnen vollzog sich der „umstürzende Wandel der Frühromantik aus der zügellosen
Freiheit ihrer Anfänge in die starren Bindungen ihrer Spätzeit" (XIV). Diese Krisis
bekundet sich in der vorliegenden Sammlung naturgemäß zunächst einmal nach ihrer
 
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